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Bericht vom 11.02.2014 von Diana Dydula und Daniel Popek

Für uns zwei Volontäre neigt sich das große Abenteuer Ukunda - Diani Busara Junior School – dem Ende zu. Am 17. Februar geht es wieder Richtung Heimat, wobei man sagen muss, dass die kenianische Regierung hierbei unseren Rückflugtermin bestimmt hat. Die Visa wurden seit Dezember 2013 nicht mehr verlängert womit unsere Planung, welche vorgesehen hat bis April zu bleiben, vollkommen umgeschmissen wurde. Umso mehr freuen wir uns für die Kinder, dass sich Ronja bereit erklärt hat, ab dem 01.03.2014 die Schule und ihre tollen Mitarbeiter zu unterstützen.

 

In Kenia ist es üblich in der letzten Woche eines jeden Monats die Klausurenphase auszurufen. Auch wir durften hierzu einen Beitrag leisten und haben uns dafür entschieden eine Deutschklausur fertigzustellen, welche folgende Themen beinhaltet hat: Zahlen, Tiere, Farben, Bildung von Vorstellungssätzen ( Beschreibung der eigenen Person ), Verben ( hierbei auch das Konjugieren der Verben ), Wochentage und Monate. Wir hatten uns zu Beginn unseres Aufenthalts vorgenommen eine richtige Grundlage für alle Kinder zu schaffen, da neben neuen Gesichtern auch Kinder dabei sind, welche nicht viel aus dem vorherigen Deutschunterricht mitgenommen haben. Die Strategie ist vollkommen aufgegangen, da sich Kinder mit vielen Deutschkenntnissen dieser Tatsache erfreut haben und die mit weniger Kenntnissen Zeit bekommen haben, um ein Grundwissen aufzubauen. 

Die Kinder hatten in der Klausurenphase jeweils zwei Prüfungen täglich, welche von 1,5 Stunden bis über 2,5 Stunden andauerten. Am ersten Prüfungstag waren die Ergebnisse nicht sehr berauschend, wodurch Joseck und andere zuständige Lehrer die Kinder für den zweiten Tag mit einer morgendlichen Rede genügend Motivation und Mut zugesprochen haben, sodass die Ergebnisse am zweiten Tag schon viel besser ausgefallen sind. Der emotionalste Teil der Rede widmete sich einem neuen Schüler, Joseph aus der sechsten Klasse. Joseph hat sich dafür entschieden in die Schule zu gehen, obwohl er in seinem Dorf deswegen schickanierd wird/wurde. Es folgte ein tosender Applaus für Joseph; außerdem durfte Joseph nach vorne treten und sich von jedem der anwesenden Lehrer ein dickes Lob für diese überaus schlaue Entscheidung abholen.

 

Die Deutschexamen wurden parallel als letzte Prüfung in allen Klassen geschrieben. Nach nur einer Stunde waren diese aber auch schon vorbei. Die Auswertung, welche wir noch am selben Tag vorgenommen haben, ergab, dass die Deutschkenntnisse mit dem Alter natürlich zunehmen. Für die Deutschexam, gerade weil sie in keine offizielle Wertung mit einfließen, wurde jedoch zu wenig gelernt. Gerade in Hinblick auf die Rechtschreibung ist noch viel Arbeit zu leisten, auch die Kinder, welche schlecht abgeschnitten haben, sind im Unterricht sehr aktiv und kennen die Lösungen, wissen jedoch nicht wie sie es zu Papier bringen sollen. Trotz einiger enttäuschender Examen gab es auch Schüler, welche die 90 % Marke locker geknackt haben !

 

Am Freitag, nach dem dreitägigen Examensstress, fand der Sportsday statt. Gleich gegenüber der Schule befindet sich ein riesiger Platz, wo sich alle Schüler versammelten und mit ein paar Aufwärmübungen den Sportsday eröffneten. Da jeder weiß, dass Kenia das Land der Läufer ist, ist es nicht verwunderlich, wenn wir sagen, dass die Königsdisziplin unter allen Beteiligten der 100-, 200-, 400-, und 800 Meter Lauf war. Sofern die Schüler gerade nicht ein Rennen absolvierten, haben wir Volontäre einige andere Spiele organisiert, um somit Langeweile und Unruhe bei 300 Kindern zu vermeiden. Beendet wurde die Veranstaltung mit einem kleinen Fußballturnier. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass alle Schüler den Tag genießen konnten und eine Menge Spaß hatten.

 

Abschließend möchten wir uns für die schöne Zeit in Kenia bei allen bedanken die uns zu jeder Zeit mit offenen Armen empfangen haben. Ein ganz besonderer Dank geht an Birgit Alexakis die uns aus einer Notsituation sehr kurzfristig die Chance geboten hat ein vorbildliches Projekt in Kenia zu unterstützen. Wir haben trotz mancher Rückschläge ( damit meinen wir unsere Krankenhausaufenthalte ) die Zeit in Kenia genossen und unzählige liebeswerte Menschen kennenlernen dürfen. Wir werden die Schüler, die Lehrer und die Küchencrew ( besonders wegen des besten cabbage in Afrika ) vermissen. Wir wünschen allen Beteiligten und gerade den neuen Volontären nur das Beste ! 

 

  

Sonja und ihre Gruppe am 23.7.2013

Es ist mal wieder soweit, unsere Erlebnisse aufzuschreiben. Da wäre zum Einen wieder ein Strandbesuch, bei dem wir tatsächlich die Rollen tauschten. Wir hatten gerade unseren üblichen Platz beim „No trepassing“ (Symbol genug, oder???)-Schild eingenommen, als uns die Ersten Kenianer wieder belagerten, allen voran der gute alte Safari-Alex und Schulgeldsammel-Mohammed. Wenn man es erst einmal geschafft hat, die beiden abzuwimmeln, liegt das Genervt-sein-Gefühl schon beinahe über der Toleranz-Grenze und die nächsten Kenianer haben einen ziemlich schweren Stand. Und da passierte es: Wir wollten gerade in Richtung Unterkunft aufbrechen, als uns zwei  junge Kenianer aufhielten und uns Armbänder andrehen wollten. Dass sie zwei ihrer Bänder bei uns ließen und dafür eine Fake-Sonnenbrille von Ray Ban bekamen, hatten sie wohl nicht auf dem Zettel gehabt – zumal die Brille 1,20 € wert war und die beiden Bänder umgerechnet etwa 6-7 Euro. Das nennt sich: „klassisches Verlustgeschäft“. Wir hatten unseren Spaß und überlegen nun, am Strand Kugelschreiber und Wasserbälle zu verticken. Es fehlt nur noch ein Geschäftsname.

Am Mittwoch erfolgte auch der erste Spatenstich für das Blumenbeet, das bis zum Samstag fertiggestellt sein sollte. Den Schulrundgang zieren nun Feenpalmen, Madagaskar-Pflanzen und zwei „zufällig gefundene“ Bananenbäume, die uns solange hinterher rannten, bis wir uns ihrer erbarmten und mitnahmen. So kompensierten wir den Mangel an finanziellen Hilfsmitteln und schufen ein Beet, dessen Gedeihen nun in den Händen aller liegt. Diese einfache Arbeit (im Sinne von ohne viele Hilfsmittel) insgesamt und auch die Erlebnisse zuvor (Ich versuchte mich im Rasen mähen mit einem machetenähnlichen Messer und bekam von Mr. Joseck 23%- zu Deutsch: Ich habe versagt) bringen einen zum Nachdenken. Es ist einfach erstaunlich, was man erreichen kann ohne die bequemen Maschinen aus Deutschland. Sogar Handschuhe zum Arbeiten werden hier zum echten Luxus, ein Gut, an das man in industrialisierten  Gegenden einfach keinen Gedanken „verschwendet“, ganz einfach, weil es bereits vorhanden ist. Doch hier in Kenia muss man sehen, wie man ohne klarkommt und so lernt man vieles über die Menschen hier, aber auch über sich selbst. Um das Beet zu begrenzen, gaben wir den Kindern als Hausaufgabe auf, etwa faustgroße, glatte Steine mitzubringen, die wir in der nächsten Zeit kalken/anmalen werden – und wieder bewiesen sie, dass Disziplin hier unter ihnen ganz anders praktiziert wird als in Deutschland. Bis auf 2,3 Kinder hatte wirklich jeder einen Stein dabei und dazu die Vokabeln aus der Stunde tipptopp gelernt. Und wenn man gerade schon beim Thema Disziplin ist: Jedes Kind unserer Nachbarn hier zieht die Schuhe aus, bevor es hineingeschneit kommt. Wie viele von 100 Kindern in Deutschland tun dies?

Donnerstag stand dann auch die erste Stunde unserer Tanz-AG für die Klassen 5-8 auf dem Programm. Shirley und Annika entwickelten am Abend zuvor eine Choreographie, die sie den Kindern vermitteln wollten. Kurz vor Beginn meldeten wir die Stunde in den betreffenden Klassen an – das Ergebnis übertraf jede Erwartung. Knapp 80 Schüler kamen und wollten den Tanz erlernen, den die beiden unter begeisterten Blicken vortanzten und anschließend anfingen beizubringen. Zur Stunde an sich lässt sich sagen, dass es dauerte, die Kinder in die richtigen Positionen zu bringen, da sie alle durcheinander wuselten und sich 5 mal vergewissern mussten, dass der Platz an dem sie standen auch wirklich der Richtige sei (dazu rannten sie aus der ersten Reihe nach hinten und beschrieben, wo sie standen – und das nicht nur einer sondern einige und alle brabbelten durcheinander) aber als das endlich geschafft war, stellte jeder Einzelne sein Talent unter Beweis. Zwar hatte der ein oder andere Junge noch immer den Scherzkeks intus ( und tanzte im wahrsten Sinne des Wortes aus der Reihe – mit voller Absicht, was man am breiten Grinsen im Gesicht sehen konnte) aber alles in allem fehlen nur noch zwei, drei Moves und die ein oder andere Korrektur eines Arms in die richtige Richtung. Doch wir haben kommenden Donnerstag ja noch eine Stunde in der wir das sicherlich hinbiegen können.

Je mehr Zeit man hier verbringt, desto mehr lernt man über Sitten und Gepflogenheiten, wie bereits oben erwähnt. Vor wenigen Tagen wurde mir bewusst, dass keine Frau hier lange Haare trägt, als wir mit noch vom Duschen nassen Haaren (die in der Sonne hier selbst wenn sie dick sind in gut 10 Minuten trocken sind) gemeinsam zum Shop um die Ecke liefen um Obst und Gemüse zu kaufen. Wir Mädels, die wir die Haare offen ließen um sie durchtrocknen zu lassen, wurden von allen Seiten angestarrt, teilweise bewundernd, teilweise neidisch und teilweise undeutlich, bzw. verspürte man nicht das Bedürfnis, weiter darüber nachzudenken, was dieser Blick heißen könnte. Kurze Haare sind hier nun mal gängig und mit langen fällt man auf.

Gestern fuhren wir dann wieder zum Strand. Ohne Marco und Annika, die eine Safari in Tsavo East machten, ließen wir den Kenianern noch eine Galgenfrist, ehe sie von unseren genialen DLRG-Kulis überrollt werden und chillten dort. Am Ende verbrachten wir noch ein wenig Zeit in und mit einem kulinarischen Ambiente (Tintenfischsuppe, die ich nicht probiert habe, Fisch, den ich ebenfalls nicht aß und Brot. Das wiederum hab ich gegessen…Bin halt kein Fan von Fisch). Dabei erhielten wir Gesellschaft von einem Affen, der nur allzu bereit war, als Fotomodell zu dienen und gute Manieren zeigte.

An diesem Abend kamen Marco und Annika wieder und die Gruppe war wieder vollständig. Das merkte man allein schon daran, dass Timo und Marco wieder vereint waren und es im Haus sofort wieder lauter wurde. Die zwei sind einfach lustig bekloppt. Insgesamt sollte es ein langer Abend werden.

Unser Katzenrudel ist weiter angewachsen. Neben Igor, Fritzl und Gülcan (ehemals Gudrun, aber weil sie von morgens bis abends nur „redet“, haben wir sie in Gülcan umbenannt) erhalten wir nun Visiten von einer weiteren Katze, deren Geschlecht wir noch ermitteln müssen. Ist sie männlich wird sie Ingo oder Edward heißen, im Falle eines Weibchens Bella oder Hildegard.

Unerwähnt sollte auch der Regen in Kenia nicht bleiben. Um es kurz zu machen: Beginnen die ersten Tropfen zu fallen, sollte man sein Ziel möglichst schon erreicht haben oder zumindest eine Gelegenheit finden, sich unterzustellen, da der Regen in kürzester Zeit nur so prasselt – und genauso schnell wieder vergeht. Theoretisch kann man es auch so machen wie wir es tatsächlich beobachtet haben: Shampoo nehmen und duschen. Es war der Anblick des Tages, einem Kenianer dabei zuzuschauen (natürlich heimlich!), wie er sich im Regen duschte…

Zu guter Letzt sei erwähnt, dass das Rutschen an der Schule nur noch mit Schutzpanzer absolviert werden sollte. Da ich zwar vorm Gesetz mit 19 Jahren zwar als erwachsen gelte, lasse ich es mir nicht nehmen, Kinder-Rutschen zu nutzen. Anders als in Deutschland rutscht man aber nie alleine, sondern mit 3,4 Kindern auf einmal, die sich vorne, hinten, oben und unten an einen klammern und mit rutschen wollen. Unten angekommen ist es ein einziges Gliederknäuel und meine Arme und Beine weisen inzwischen ein paar blaue Flecken und Reibekuchen (kleinere Abschürfungen) auf. Aber der Spaß der Kinder, ihr Lachen und alles drumherum macht das mehr als wett…Obwohl so ein Schutzpanzer…Mh, ne doch nicht.

Mal sehen, was die nächsten Tage so bringen werden, doch das wird dann Teil des neuen Berichts…

 

Sonja und ihre Gruppe am 17.7.2013

 

Nun sind wieder einige Tage vergangen und es wird Zeit für einen neuen Bericht. Als Nachtrag zum letzten soll unser Ausflug zu den Shimba Hills erwähnt werden. Am Mittwochnachmittag fuhren wir mit einer Reisegruppe zu einem Ausguck, von dem aus gesehen man die gesamten Hills überblicken konnte. Die Aussicht war atemberaubend! Selbstverständlich wurden die Kameras gezückt und fleißig Bilder gemacht, normale sowie „Spaßbilder“ (Grimassen erwünscht, je schräger, desto besser). Es war hell, als wir ankamen und dunkel als wir gingen, entsprechend erlebten wir dort auch den Sonnenuntergang. Man spricht immer von so Momenten, die man erlebt haben muss, und ein Sonnenuntergang in den Shimba Hills gehört für mich persönlich definitiv dazu! Gut, dass wir das in ein bis zwei Wochen noch einmal machen werden.

Dass wir solch nette Aktionen machen, muss sich schnell herumgesprochen haben, denn seitdem haben wir einen rapiden Zuwachs unserer Gruppe erlebt. Inzwischen bestehen wir nicht mehr aus 6 Mitgliedern sondern aus 10. Eines dieser Mitglieder ist Annika, die neue Volontärin. Doch zu ihr später ein paar Sätze mehr. Die anderen 3 heißen Igor, Gudrun und Fritz. Sie gehören zur Gattung Katze und wohnen mehr oder weniger bei uns. Sie schlafen (auf uns oder draußen ist ihnen relativ egal) und fressen – gern auch die Haare vom Kopf...Da man sie ja auch nicht alle entfernen kann, haben wir auch begonnen, die Weberknechte zu zählen und ihnen Namen zu geben. Chantal, Schorschl, Harribert und Hermine sind nur ein paar der Namen.

Von der chronologischen Reihenfolge passt es zwar nicht, aber thematisch. Unser letzter Zuwachs ist Annika. Sie kam heute Morgen mit dem Flieger und wird 6 Wochen bleiben. Auch sie wird lernen müssen, dass im Moment Ramadan herrscht und dadurch die Nacht für nicht sehr tief Schlafende durch den feierlichen morgendlichen Gesang geweckt werden…Es sei denn, sie schläft fest..Nun sind wir 7 Menschen, 3 Katzen und unzählige Spinnentiere und leben mehr oder weniger untereinander recht harmonisch zusammen, obwohl die Spinnentiere inzwischen beschlossen haben müssen uns aus dem Weg zu gehen. Keine Ahnung, wieso…Es sollte ihnen doch gefallen, dass wir Menschen immer klatschen, wenn sie vorbei kommen…?

 Eine interessante Erfahrung, die ich in den nächsten Tagen aber eher nicht mehr so gern erleben möchte ist ein Besuch eines kenianischen Marktes und seiner „Fußgängerzone“. Diese ist schon ohnehin nicht besonders breit und trotzdem fahren Piki-Pikis hindurch und hupen, was das Zeug hält, wenn man nicht schnell genug aus dem Weg geht. Das ist echt nervig und macht bei ständiger Wiederholung in kurzen Abständen aggressiv – mich zumindest, da Geduld von vielleicht zwei Sekunden offenbar nicht vorhanden ist. Des Weiteren ist es sehr abwechslungsreich, selber einmal aufzufallen, denn inmitten von dunkelhäutigen Menschen wird man als M’zungu (Weißer) natürlich sofort gesehen. Auch hier auf dem Markt sind die Reaktionen der Einheimischen genauso wie im vorangegangenen Bericht beschrieben: unterschiedlich. Kinder und Jugendliche rufen nach wie vor „Djambo!“ und lächeln, die Mehrheit der Erwachsenen folgt (möglicherweise auch aus wirtschaftlichen Gründen, da man so vielleicht Interesse an ihrem Geschäft bekommt, aber auch diejenigen, die mit über den Markt schlendern, grüßen durchaus gern). Nach wie vor gibt es aber auch skeptische und vereinzelt auch verachtende Blicke. Gott sei Dank bleibt es dabei und es sind auch verschwindend wenige – in dem Meer der sonst doch ganz positiven Reaktionen fallen sie dennoch auf. Und wer will es ihnen verdenken, wenn man bedenkt, was in (längerer) Vergangenheit geschehen ist und immer noch passiert. Als eines von mehreren Stichworten sei nur Rassismus genannt. Doch hier sind wir nun die Außenseiter und das ist eine ganz eigene Situation. Grenzwertig ist auch der Geruch. Überall auf dem Weg liegt Müll, sofern er nicht gerade als Zundmaterial für ein offenes Feuer dient. Davon abgesehen ist dieser Markt für Menschen, die ein Faible für (afrikanische) Mode haben lohnenswert, da es verschiedenste Stände gibt. Auch Obst – und Gemüsefans kommen nicht zu kurz, da auch dies offen angeboten wird. Zu beiden Gruppen gehöre ich zwar nicht, dennoch war es auch für mich eine nette Erfahrung – obwohl ich sie wie erwähnt so schnell nicht wiederholen möchte.

Am Wochenende stand dann ein weiterer Besuch des Diani Beach auf dem Programm. Leider erwischten wir eine Ebbeperiode, sodass wir zunächst ein schattiges Plätzchen suchten – ein Fehler. Kaum hatten wir uns niedergelassen, wurden wir von Kenianern belagert, die Geschäfte machen wollten. Sie sprachen auch Deutsch, doch irgendwie muss ihnen trotzdem das Wissen abhanden gekommen sein, dass „Nein, danke!“ nicht „Red weiter, wir haben Interesse.“ heißt. Gerade, als es uns zu bunt wurde und wir wirklich energischer werden wollten, schienen sie es dann doch verstanden zu haben und ließen uns in Ruhe. Um uns für zukünftige Belästigungen zu wappnen, lernten wir „Akuna Pesa. Akuna Biasara (Kein Geld. Keine Geschäfte).“ Sollte das nicht funktionieren haben wir uns überlegt, die ultimative Methode anzuwenden und ihnen selbst etwas andrehen zu wollen. Wir werden ihnen dann so lange die Ohren voll preisen und notfalls hinterher laufen, bis sie uns Geld geben, damit wir sie in Ruhe lassen. So sollte es doch funktionieren, dass man am Strand halbwegs seine Ruhe haben kann.

Damit in den nächsten Jahren keine weiteren Verständigungsprobleme zwischen Kenianern und deutschsprachigen Ausländern auftreten, werden wir im Deutschunterricht nun unseren Beitrag leisten. Da kein Lehrplan vorhanden ist, stellte sich heraus, dass das gar nicht so einfach ist, da zwischen den Klassen, aber auch innerhalb dieser das Lernniveau total unterschiedlich ist. Den Unterricht im Vorhinein zu organisieren ist nur bedingt möglich, aber man gewöhnt sich schnell daran und an Themengebieten mangelt es ja nicht. Um trotzdem ein wenig Struktur hineinzubekommen, trotz Fehlens eines Lehrplans, entstand die Idee, an deutschen Schulen zu fragen, ob sie nicht Englischbücher zur Verfügung stellen können. Sie haben den großen Vorteil, dass es vorne abgegrenzte „Units“, Lektionen, gibt, die Stück für Stück die Grammatik erklären und beibringen und mit einem eigenen Vokabular im hinteren Teil des Buches das Lernen für die Schüler und auch das Unterrichten wesentlich einfacher gestalten würden. Denn Englisch müssen wir alle sowieso sprechen und ob Volontäre nun vom Englischen aus die deutsche Grammatik erklären oder von einem zugegebenermaßen nicht immer qualitativ hochwertigen Deutschlernbuch – übersetzen und erklären muss man nun mal. Viele Schulen sortieren durch das neue Schulsystem viele Bücher aus – es gäbe also die Möglichkeit, diese Idee eventuell zu verfolgen.

Heute erfolgte dann auch der erste Spatenstich zur Anlage eines Blumenbeetes auf dem Schulgelände. Mithilfe einer Grundrisszeichnung und darauf markierten Stellen und Längen, Abmessungen, etc. begannen wir unsere Arbeit. Schnell merkten wir, dass Handschuhe echter Luxus sind, den wir in Kenia aber nicht haben. So bildeten sich erste kleine Blasen, ehe wir Tape kaufen konnten um damit unsere Haut zu schützen. Der Graben wird morgen, spätestens übermorgen fertiggestellt sein – dann müssen die Pflanzen in die Erde. Samen funktionieren nicht, da die Erde dafür nicht brauchbar ist, junge Pflanzen dagegen besitzen bereits ein eigenes Wurzelwerk und können dadurch weiter wachsen. Mir persönlich bereitet diese Arbeit unglaublichen Spaß, obwohl sie hart und schweißtreibend ist. Nichtsdestotrotz denke ich, dass das Ergebnis sehenswert sein wird.

Außerdem wurden Fotos von Schulkindern ohne Paten gemacht, damit im Zuge der gestarteten Werbeaktion des Vereins Anfragen unterstützt werden können. Mithilfe von Rosé und Mr. Joseck gelang das reibungslos ??? und relativ schnell. ???

Doch von kommenden Fortschritten und Ereignissen im nächsten Bericht mehr…


Sonja 12. Juli 2013

 

Nachdem wir nun 4 Tage hier sind ist es Zeit, einen ersten Bericht über unsere Eindrücke zu schreiben. Wir lernten Matatus, Piki-Pikis, Diani Beach, Einheimische,deren Gepflogenheiten und auch die Kinder der Schule kennen. Anfangs war das alles fremd, ungewohnt und ein wenig beängstigend… Wenn ein Piki-Piki so grade irgendwo vorbeipasst, hält man innerlich dann schon ganz gern mal den Atem an und doch muss man es einfach lieben, da es doch vergleichbar ist mit dem, was man so kennt, wenn man auf einem Mottorrad mitfährt – und doch ist es ganz anders. Kenianischer Verkehr ist ein Phänomen für sich: Linksfahrgebot? Man gewinnt den Eindruck, dass die Straße nur als Weg dient um von A nach B zu kommen. Fußgänger, Radfahrer,Matatus, Piki-Pikis, all das wuselt durcheinander, scheinbar ohne System – und doch muss es eins geben, denn egal, wie eng es mal wird, Unfälle gibt es nicht. Es sei denn, man steigt vom Piki-Piki und kommt an Motor oder Auspuff. Wie festgestellt, kann man sich da schon recht gut verbrennen… Mit einem Matatu zu fahren ist ebenfalls eine Erfahrung für sich. Zu Deutsch Massentaxi genannt, gibt es wohl keinen besseren Begriff für diese Art der Fortbewegung. Mindestens 12 Personen in einer Art Van oder kleinerem Bus ist teilweise wirklich eng und man hängt auch durchaus mal an der Seite raus und genießt den Fahrtwind. Damit der Fahrer weiß, wo man rausmöchte (sofern er das überhaupt vergisst), klopft man einfach an die Wand und er hält- ganz egal, ob da Menschen sind oder eine Ziege oder ein Huhn (die ganz selbstverständlich am Sraßenrand herumlaufen. Wenn sie über die Straße wollen, ist es ziemlich lustig zu beobachten, dass sie zuerst nach links und rechts gucken, ob die Luft rein ist). Hupen und dann geht das schon irgendwie… Denn es gilt wohl das Gesetz: Wer die lauteste Hupe oder das größte Auto hat, gewinnt.
Am zweiten Tag besuchten wir dann Diani Beach. Ein Traumstrand, wie er im Buche steht! Palmen, blaues Meer, angenehm temperiert, usw. Der Sand war einfach nur Sand, keine Steine oder andere unangenehme Untergründe, es war schlicht und einfach Sand. Für mich, die das (und einiges mehr) zum ersten Mal überhaupt erlebt, war es einfach unglaublich. Der „O-Ton“ desTages blieb aber ein Kenianer der fröstelnd dastand und meinte, dass ihm kalt sei – bei 30°C im Schatten. Dabei herrscht hier zur Zeit die kälteste Zeit des Jahres in Kenia… 
Die Einheimischen begegnen uns M’zungus (der Weiße, bzw hier den Weißen, die Weißen) ganz unterschiedlich. Kleine Kinder und Jugendliche strahlen und rufen auch aus 50km Entfernung „Jambo! (Dchambo gesprochen)“ was Hallo heißt. Die älteren Menschen tun dies teilweise auch (zumindest Jambo sagen, hinterherlaufen oder aus großen Entfernungen rufen dann doch nicht) doch es passiert auch häufig, dass sie uns skeptisch oder ganz und gar ohne Regung ansehen, wenn man an ihnen vorbei geht oder einem Kind zuwinkt. 
Man weiß auch nicht genau, wie man es deuten soll, aber Vergesslichkeit gehört offenbar auch zu den Eigenschaften des ein oder anderen Kenianers. Da fehlt dann durchaus mal das Wechselgeld oder die Menükarte weist Gerichte auf, die darauf gezaubert wurden. Anders ist es nicht zu erklären, dass man bestellt, ewig aufdiese Bestellung wartet und dann hören muss, dass das Gewünschte nicht mehr im Haus sei. Entweder ist es reine Magie, dass dieses Gericht überhaupt auf der Karte steht oder der arme Kellner hat einfach vergessen, es uns bei der Bestellung zu sagen –was ziemlich frustrierend sein kann, wenn man mit Kohldampf hingeht, sicher 30 Minuten warten muss, bis die Bestellung kommt (wenn man bis dahin bereits bestellen konnte, denn das geht ja nur, wenn ein Kellner kommt), dann erfahren muss, dass es das Bestellte nicht gibt und dieselbe Zeit auf seine zweite Sache warten muss – wenn man Glück hat und es die dann auch gibt…Für die Zukunft und alle, die das hier bis hierhin gelesen haben und als Volontär nach Kenia gehen: Überlegt euch schonmal beim Bestellen Plan B und C für alle Fälle – und geht vielleicht schon dann ins Restaurant, wenn der Hunger noch recht gering ist, denn die Portionen reichen in der Regel nicht an die Deutschen heran und wie erwähnt kann es auch recht lang dauern, bis man etwas bekommt; dagegen sind sie aber auch höchstens halb so teuer wie in Deutschland.
Am heutigen vierten Tag stand dann endlich der erste Besuch in der Schule auf dem Programm… Wir hatten keine Ahnung, was uns erwarten würde oder nur eine grobe Ahnung. Als wir das Schulgelände betraten war es kurz vor der ersten Pause und nur vereinzelt liefen Kinder herum. Mr. Joseck, der Headteacher begrüßte uns genauso herzlich wie Obama, Steve und Susan (die Küchenchefs), obwohl letztere eine etwas speziellere Art hatten und weniger förmlich waren dabei. High-Five und doppelte Umarmung ist das Mindeste. Als dann Pause war, bewegte sich niemand mehr von uns alleine über das Gelände, denn nun war ja „M’zungu zumAnfassen“-Zeit. An jedem Zentimeter hingen Kinder an einem dran, strahlten, wollten hochgehoben und herumgewirbelt werden oder nur die Hände halten, Hauttöne vergleichen oder anfassen und berühren. Die Klamotten, die man trägt sollten auch eher dehnbarer sein, da die Kleinen sich beim Versuch, woanders hinzugehen anhängen und dafür auch gern die Kleidung nutzen. Trotzdem schafften Shirley und ich es, eine große Gruppe Kinder in einen Kreis zu bugsieren und „Clap your hands“ und „Head and shoulders“ mit ihnen zu singen und zu demonstrieren. Ein niedlicher Anblick, wenn Dutzende kleinere und größere Kinder dastehen, singen und klatschen, mit den Fingern schnipsen oder mit dem Fuß stampfen und und und. Zwischenzeitlich halfen wir in der Küche, beim Abwasch, organisierten den Unterricht, den wir machen dürfen und probierten das heutige Gericht Ugali. Das ist eine auf breiartige Konsistenz gebrachte Mischung aus Speisemehl und gekochtem Wasser. Wenig davon genügt, um ordentlich satt zu machen, obwohl es pur nicht wirklich nach irgendetwas schmeckt. Dafür gibt es Gemüse, das man nach Belieben unter das Ugali mischen kann o.ä.

Wenn wir alle dann mal nicht außer Haus sind, wird gekocht oder z.B. Poker gespielt, gelesen, usw. Das gestaltet sich nicht immer einfach, da wir uns zu sechst eine Wohnung und das Inventar von Dusche über Toilette,Kücheninventar, etc. irgendwie teilen müssen. Besteck und Teller reichen zwar gerade aus, aber 5 Sitzgelegeheiten für 6 Menschen ist immer eine Reise nach Jerusalem… Not macht erfinderisch und so dient nun eine recht verbeulte Kiste als Möglichkeit, um nicht auf dem Boden sitzen zu müssen oder draußen auf der kleinen Mauer am Eingang – allerdings nicht auf Dauer, da auch dies nicht sehr viel angenehmer ist. Dazwischen stehen dann die Koffer, da die Schlafzimmer nicht den Platz bieten, um auszupacken oder den Koffer zu verstauen. Entsprechend lebt man mehr oder weniger zum größten Teil aus dem Koffer und kann nur wenige Teile dauerhaft außerhalb „lagern“. Man arranigiert sich irgendwie, aber es gibt noch Platz an den Wänden, sodass man in Zukunft durchaus das ein oder andere Brett an die Wand machen könnte um so ein provisorisches Regal zu erzeugen. Es ist nicht verwunderlich, dass man also hie und da einen Tausendfüßler findet und den mit dem Kehrblech entsorgen muss oder dazu auch 3-4 Spinnen. 
Spannend ist es außerdem, in einem Bett mit Moskitonetz zu schlafen.Für den ein oder anderen von uns ist das jedes Mal eine kleine Kletterpartie.
Die ein oder anderen Freunde haben wir inzwischen auch. Es bleibt abzuwarten, ob der geplante Ausflug zum Strand am Sonntag mit ihnen zusammen genauso ein Erlebnis wird wie der Dienstagabend mit Tanzen und Armdrücken, aber nach genau dem zu schließen, und der Truppe, die dann zusammenhängen wird, sollte es ein echt geiler Tag werden. Morgen wird an der Schule ein Sporttag sein. Davon und von den Erlebnissen am kommenden Sonntag und was danach kommt, folgt dann bei Gelegenheit ein neuer Bericht.


 

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Mai 2013 Benjamin

Mein (sehr später) Abschlussbericht

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Nachdem ich nun seit einiger Zeit wieder in Deutschland bin und die ersten Wochen des neuen Semesters auch einigermaßen gut überstanden habe, habe ich nun endlich genug Zeit gefunden, um meine letzten Eindrücke aus meiner Reise nach Kenia, welche leider viel zu kurz war, aufzuschreiben. Nach einem kurzen Abschied von Caroline und Jannick (ich bin kein Freund langer Abschiede) brachte mich „unser“ Taxifahrer Harrison zum Flughafen.

Zumindest dachte ich so.

Nach vielleicht 5 min Fahrt hielten wir am Straßenrand, Harrison stieg aus und teilte mir mit, dass er heute Abend arbeiten müsse. Kurz darauf stellte er mich seinem Bruder vor, der mich nun anstelle von Harrison zum Flughafen fahren sollte. Meine Fahrt zum Flughafen war also auch typisch Kenianisch. Ich hatte jedoch dank Harrisons Bruder eine sehr kurzweilige Fahrt zum Flughafen und durfte zum Abschied noch einmal das zweifelhafte Vergnügen der „Mombasa-Ferry“ erleben. Es ist unglaublich, wie viele Menschen selbst um 3 Uhr Nachts noch versuchen, nach Mombasa zu gelangen. Nach 1 1⁄2 Stunden Fahrt war ich nun endlich am Flughafen angelangt und wurde prompt daran erinnert, warum alle Kenianer denken, dass alle Europäer sehr reich sein müssen.

Ein riesiger Touri-Bus hatte soeben eine ganze Meute von „Klischee-Europäern“ ausgeladen, welche nun alle mehr oder weniger schlecht gelaunt aufgrund der frühen Uhrzeit vor der Sicherheitskontrolle standen.

Am Check-In Schalter erwartete mich die nächste „Kenianische Überraschung“. Das Buchungssystem war ausgefallen, und das Personal musste nun sämtliche 300 Passagiere manuell in den Computer eintragen. Es gab ein riesiges Chaos, was die schon schlecht gelaunten Touristen nicht gerade erfreute.
Trotz dem Chaos, wir wussten z.b. bis 10 Minuten vor dem Abflug nicht dass das Boarding beginnt, schaffte es die Maschine pünktlich abzuheben!
Daran sollten sich europäische Fluggesellschaften mal ein Beispiel nehmen.
Der Flug selbst war, wie jeder Flug für große Personen wie mich, einigermaßen unerträglich.
Es macht einfach keinen Spaß sieben Stunden wie in einer Sardinenbüchse zusammengepresst zu sitzen.

Nachdem wir nach einer langen Zeit in Frankfurt landeten, traf mich die Kälte in Deutschland

erstmal wie ein Schlag in das Gesicht. Ich wurde zwar vorgewarnt, aber es hat mich dennoch überrascht, wie kalt ein „der wärmste Tag seit 3 Wochen“ sein konnte. Ich fand es unglaublich wie manche Menschen in T-shirt und kurzer Hose rumliefen konnten, während ich mit meinen Wollsocken, zwei Pullovern und einer Jacke sehr stark fror. Auch war ich am Anfang sehr irritiert darüber, dass es tatsächlich Fahrpläne gibt und diese auch eingehalten werden!

Frierend trotz meiner Winterkleidung zog ich im Zug einige unverständliche Blicke auf mich.
Mein Mitbewohner hatte zu meiner Freude ein Taxi zum Bahnhof geschickt welches mich abholen sollte.
Ich war auch am Anfang sehr überrascht darüber dass das Taxi tatsächlich zur verabredeten Zeit am verabredeten Ort war. Deutsche Pünktlichkeit.

Zuhause angekommen drehte ich als erstes die Heizung auf volle Stärke auf, bis es meinem Empfinden nach warm genug war. Mein Mitbewohner kommentierte die Wärme mit den Worten „Mann, du hast eine Affen-Hitze bei dir im Zimmer“.
Auch genoss ich als ein Glas mit klarem Leitungswasser und erfreute mich darüber dass das Wasser KALT war.

Zum Abschuss bleibt mir wenig zu sagen: Ich habe während meiner Zeit in Kenia wundervolle Menschen kennengelernt (Miss Baadaye und Mr. Ndogo: Ihr seit super!). Ich habe auch die Arbeit mit den Kindern sehr genossen und habe die Bestätigung gefunden, dass mein Berufswunsch, später als Lehrer zu arbeiten, dass richtige für mich ist.

Meine Pläne für nächstes Jahr: Urlaub in Kenia und das Land und die Leute (noch) besser kennen zu lernen. 

 

 

 

 
Ein neuer Bericht von Caro!

Die letzte Woche war wieder einmal recht ereignisreich. Der Unterricht mit den Klassen 4 bis 7 läuft gut, wenn es auch zwischendurch ein paar Missverständnisse gibt. So haben wir zum Beispiel gedacht, mit Klasse Vier, die laut eines der Deutschschulhefte der Kinder schon sehr Grammatik- und Vokabelbewandert schien, einen kleinen Test zu schreiben um herauszufinden, was von dem ganzen Stoff sie noch behalten haben und was doch lieber eine Wiederholung wert wäre. Dazu schrieben wir zu sämtlichen Themengebieten, die ich mir aus dem Heft kopiert hatte, ein paar Vokabeln und einfache Sätze auf Englisch an die Tafel, die uns die Kinder dann in ihren Heften auf deutsch übersetzen sollten. Erst gab es großes Gemurmel und die Kinder warfen sich gegenseitig verwirrte Blicke zu, trotzdem versuchten sie ihr Bestes, teilweise eher in kleinen Gruppen als jeder für sich, aber darüber wollten wir hinwegsehen, in der Hoffnung, Ergebnisse zu sehen. Ein paar Minuten vergingen bis sich dann eine Schülerin traute, langsamen Schrittes auf mich zuging und mir ins Ohr flüsterte, dass diese Aufgabe für die Klasse nicht zu bewältigen sei, sie hätten diese Vokabeln alle noch nie gehört. Die Aufklärung erfolgte auf meine Frage, warum sie das nicht mehr konnten, schließlich hatte ich die Vokabeln ja aus einem ihrer Hefte kopiert. Der Junge, der mir wohlwollend in unserer ersten Stunde sein Heft unter die Nase hielt, war nun bereits das zweite mal in Klasse 4 und hatte als einer von Wenigen den ganzen Stoff schon letztes Jahr gelernt. Daraus resultierend schrieben wir für jede Vokabel nun auch die deutsche Übersetzung an die Tafel, die die Kinder eifrig kopierten und sich dafür anschließend, es war ja immerhin ein Test, unbedingt noch ein Rotstift-(Pfui!)-"Good" bei einem von uns abholten.

Letzten Freitag war Bananentag. So machten wir uns in der Frühe auf den Weg zu Ibiza, wo wir von Mama Ndizi (kiswahili Banane), eine Mutter von 2 Schülern, die auf dem Markt Bananen verkauft, 350 von diesen abholen und in die Schule befördern sollten. Eine halbe Ewigkeit zählten wir gemeinsam die Bananen, zwei mal vergaß die gute Frau dabei die 7, macht aber nichts, sie hat uns am Ende nämlich noch ein paar geschenkt. Auf 3 Piki Pikis, die sich preistechnisch erst erweichen ließen, als Mama Ndizi ihnen schilderte, die Bananen seien für 350 Kinder der Schule ihrer beiden Lüdden, machten wir uns auf den Weg und enterten unter lautem Gekreische der Schüler den Schulhof um uns bis vor die Küche vorfahren zu lassen. 
Waschen, Schneiden, Legen. Das ganze 350 mal später gab es dann in der Mittagspause zum Chapati mit Bohnen für jedes Kind als kleines Dessert eine Banane. Die Freude war riesig, manche Kinder versuchten ihr Glück gleich ein zweites mal, bekamen dann von Steve aber ordentlich was zu hören. Die Chapatis in der Schule waren übrigens die Besten, die ich hier je gegessen habe! (Und ich habe schon einige gegessen. Jannik und Benjamin ernähren sich praktisch von ihnen und werden an sämtlichen Chapatiständen eigentlich nur noch mit den Worten begrüßt: "Hey, how many Chapati for today?") Fotos werden selbstverständlich nachgereicht sobald ich mein Kamerakabel in den Händen halte, was wohl spätestens Mitte April hier eintrudeln wird.

Zu meinem und Benjamins Entsetzen gab es dann letzte Woche erstmals einen Sporttag in der Schule. Dazu bewegten sich alle Lehrer, Schüler und sogar einige Stühle und Pulte auf das Feld neben der Schule, um dort in verschiedenen Gruppen gegeneinander zu konkurrieren. Schon beim Aufwärmtraining wurde mir schmerzlich bewusst, dass ich diesen Tag nicht überstehe. Danach ging es ans 100m-Sprinten. Die Schüler wurden nach Klassen und Geschlechtern getrennt und die ersten 3 Schüler pro Team, die es ins Ziel schafften, wurden vermerkt. 
Jannik lief mit den Jungs aus Klasse 8, machte dabei keine schlechte Figur, lief wie der Blitz und kam beim 400m-sprint unter lautem Jubeln der Schüler sogar als Zweites ins Ziel. Ich für meinen Teil, wohlwissend, dass ich wahrscheinlich sogar gegen die Mädels aus der dritten Klasse jämmerlich verloren und auf halber Strecke einen Herzkasper gekriegt hätte, habe lediglich ein Versprechen geben müssen: Nächstes mal renn' ich um mein Leben! Für die Vorbereitungen hab ich jetzt 2 Wochen Zeit, ich bin höchstmotiviert...(...). Die Kinder jedenfalls freuen sich schon auf's nächste Mal.

Die neue Rutsche, die letzte Woche betoniert wurde, steht und leistet gute Arbeit. Die Schlange, die sich in jeder Pause hinter ihr bildet ist lang, nie wusste ich, dass auf einer Rutsche wie dieser im Optimalfall bis zu dreißig Kinder auf einmal Platz haben, 3 davon gleichzeitig rutschend und die anderen 27 irgendwo laut kreischend vor Vorfreude zwischen der ersten und letzten Stufe der ca. 1,5 Meter langen Leiter. Ein Bild für die Götter und wirklich eine gute Investition! 

Jetzt steht erstmal Ostern und ein langes Wochenende vor der Tür, dass wir mit Sicherheit genießen werden. Euch in Schnee-land ebenso ein frohes Osterfest und bis bald!

 

 

Ein neuer Bericht von Caro!

Die letzte Woche war wieder einmal recht ereignisreich. Der Unterricht mit den Klassen 4 bis 7 läuft gut, wenn es auch zwischendurch ein paar Missverständnisse gibt. So haben wir zum Beispiel gedacht, mit Klasse Vier, die laut eines der Deutschschulhefte der Kinder schon sehr Grammatik- und Vokabelbewandert schien, einen kleinen Test zu schreiben um herauszufinden, was von dem ganzen Stoff sie noch behalten haben und was doch lieber eine Wiederholung wert wäre. Dazu schrieben wir zu sämtlichen Themengebieten, die ich mir aus dem Heft kopiert hatte, ein paar Vokabeln und einfache Sätze auf Englisch an die Tafel, die uns die Kinder dann in ihren Heften auf deutsch übersetzen sollten. Erst gab es großes Gemurmel und die Kinder warfen sich gegenseitig verwirrte Blicke zu, trotzdem versuchten sie ihr Bestes, teilweise eher in kleinen Gruppen als jeder für sich, aber darüber wollten wir hinwegsehen, in der Hoffnung, Ergebnisse zu sehen. Ein paar Minuten vergingen bis sich dann eine Schülerin traute, langsamen Schrittes auf mich zuging und mir ins Ohr flüsterte, dass diese Aufgabe für die Klasse nicht zu bewältigen sei, sie hätten diese Vokabeln alle noch nie gehört. Die Aufklärung erfolgte auf meine Frage, warum sie das nicht mehr konnten, schließlich hatte ich die Vokabeln ja aus einem ihrer Hefte kopiert. Der Junge, der mir wohlwollend in unserer ersten Stunde sein Heft unter die Nase hielt, war nun bereits das zweite mal in Klasse 4 und hatte als einer von Wenigen den ganzen Stoff schon letztes Jahr gelernt. Daraus resultierend schrieben wir für jede Vokabel nun auch die deutsche Übersetzung an die Tafel, die die Kinder eifrig kopierten und sich dafür anschließend, es war ja immerhin ein Test, unbedingt noch ein Rotstift-(Pfui!)-"Good" bei einem von uns abholten.

Letzten Freitag war Bananentag. So machten wir uns in der Frühe auf den Weg zu Ibiza, wo wir von Mama Ndizi (kiswahili Banane), eine Mutter von 2 Schülern, die auf dem Markt Bananen verkauft, 350 von diesen abholen und in die Schule befördern sollten. Eine halbe Ewigkeit zählten wir gemeinsam die Bananen, zwei mal vergaß die gute Frau dabei die 7, macht aber nichts, sie hat uns am Ende nämlich noch ein paar geschenkt. Auf 3 Piki Pikis, die sich preistechnisch erst erweichen ließen, als Mama Ndizi ihnen schilderte, die Bananen seien für 350 Kinder der Schule ihrer beiden Lüdden, machten wir uns auf den Weg und enterten unter lautem Gekreische der Schüler den Schulhof um uns bis vor die Küche vorfahren zu lassen. 
Waschen, Schneiden, Legen. Das ganze 350 mal später gab es dann in der Mittagspause zum Chapati mit Bohnen für jedes Kind als kleines Dessert eine Banane. Die Freude war riesig, manche Kinder versuchten ihr Glück gleich ein zweites mal, bekamen dann von Steve aber ordentlich was zu hören. Die Chapatis in der Schule waren übrigens die Besten, die ich hier je gegessen habe! (Und ich habe schon einige gegessen. Jannik und Benjamin ernähren sich praktisch von ihnen und werden an sämtlichen Chapatiständen eigentlich nur noch mit den Worten begrüßt: "Hey, how many Chapati for today?") Fotos werden selbstverständlich nachgereicht sobald ich mein Kamerakabel in den Händen halte, was wohl spätestens Mitte April hier eintrudeln wird.

Zu meinem und Benjamins Entsetzen gab es dann letzte Woche erstmals einen Sporttag in der Schule. Dazu bewegten sich alle Lehrer, Schüler und sogar einige Stühle und Pulte auf das Feld neben der Schule, um dort in verschiedenen Gruppen gegeneinander zu konkurrieren. Schon beim Aufwärmtraining wurde mir schmerzlich bewusst, dass ich diesen Tag nicht überstehe. Danach ging es ans 100m-Sprinten. Die Schüler wurden nach Klassen und Geschlechtern getrennt und die ersten 3 Schüler pro Team, die es ins Ziel schafften, wurden vermerkt. 
Jannik lief mit den Jungs aus Klasse 8, machte dabei keine schlechte Figur, lief wie der Blitz und kam beim 400m-sprint unter lautem Jubeln der Schüler sogar als Zweites ins Ziel. Ich für meinen Teil, wohlwissend, dass ich wahrscheinlich sogar gegen die Mädels aus der dritten Klasse jämmerlich verloren und auf halber Strecke einen Herzkasper gekriegt hätte, habe lediglich ein Versprechen geben müssen: Nächstes mal renn' ich um mein Leben! Für die Vorbereitungen hab ich jetzt 2 Wochen Zeit, ich bin höchstmotiviert...(...). Die Kinder jedenfalls freuen sich schon auf's nächste Mal.

Die neue Rutsche, die letzte Woche betoniert wurde, steht und leistet gute Arbeit. Die Schlange, die sich in jeder Pause hinter ihr bildet ist lang, nie wusste ich, dass auf einer Rutsche wie dieser im Optimalfall bis zu dreißig Kinder auf einmal Platz haben, 3 davon gleichzeitig rutschend und die anderen 27 irgendwo laut kreischend vor Vorfreude zwischen der ersten und letzten Stufe der ca. 1,5 Meter langen Leiter. Ein Bild für die Götter und wirklich eine gute Investition! 

Jetzt steht erstmal Ostern und ein langes Wochenende vor der Tür, dass wir mit Sicherheit genießen werden. Euch in Schnee-land ebenso ein frohes Osterfest und bis bald!

9. März 2013 - Unsere 3 Volontäre melden sich:

An unserem ersten Tag haben wir erfahren, dass die Schule nicht 2 oder 3 Tage , sondern aufgrund der Wahlen fast 2 Wochen geschlossen ist. Für Neuankömmlinge wie uns war dies zunächst keine allzu schlechte Nachricht, da wir uns so einfach einleben konnten. 
Doch bereits am nächsten Tag bemerkten wir die große Weltuntergangsstimmung in den Supermärkten. Etliche vollgepackte Busse mit den Einheimischen die upcountry fahren. 
Diejenigen ,die hier geblieben sind, haben sich mit Vorräten eingedeckt und die Supermärkte leer gekauft.
Auch wir haben uns mit Wasser, Reis und Tomatensauce eingedeckt.
Nach Beginn der Wahlen glich unsere Siedlung einer Geisterstadt, wenig bis gar keine Menschen auf den Straßen, Geschäfte und Bars hatten geschlossen, sogar die Fähre nach Mombasa war für einige Tage außer Betrieb.
Nachdem bei uns alles ruhig war, wagten wir uns an den Strand, da wir es daheim nicht mehr aushielten. 
Doch Langeweile macht erfinderisch, wir haben nun einen selbstgebastelten Pokerkoffer, welcher dann auch sofort eingeweiht wurde.
In den darauf folgenden Tagen warteten alle auf das Ergebnis der Wahlen. Es konnte ja keiner ahnen, dass das Wahlsystem versagt und die Stimmen von Hand ausgezählt werden müssen. 
Bisher ist bei uns alles friedlich geblieben, die Gerüchteküche brodelte natürlich fleissig und es gab täglich Infos das irgendwo irgendetwas passiert ist, was sich dann aber immer als falsch herausstellte.
Nachdem heute die Wahlergebnisse bekannt wurden, aber nicht akzeptiert von dem Verlierer der Wahlen, hoffen wir, dass es weiterhin ruhig bleibt, und die Kenianer ihre Feierlaune beibehalten. Bis jetzt deutet alles daraufhin. 
Wir freuen uns, dass nun am Montag die Schule los geht. 

Liebste Grüße von uns Dreien

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November 2012    2. Bericht von unserer Volontärin Fabienne! 

Letzte Woche war am Donnerstag Graduation! Darauf haben sich hier alle Schulkinder Lehrer, Schulleiter und Familienmitglieder gefreut! Die Kinder hatten zwei Tage davor frei um sich für das große Ereignis vorzubereiten. Schüler und Schülerinnen kamen mit einer neuen Haarfrisur, Lehrerinnen haben sich ein neues Gewand schneidern lassen, Ehrengäste wurdeneingeladen, die Schule wurde durch geputzt, Essen wurde schon vorbereitet. Dann kam der große Tag! Begonnen wird die Feier natürlich mit dem Hissen der kenianischen Flagge. Jeder steht auf und eine Gruppe von Schülern kommt hintern Schulgebäude hervor. Es wird um Erlaubnis gefragt die Flagge zu hissen, danach folgen Taten. Der Morgen wurde durch Reden und Vorführungen der Klassen gestaltet. Jede Klasse hat etwas vorgesungen und dabei haben sie neben her noch getanzt. Alle Lehrer und Mitwirkenden der Schule wurden noch den Familien vorgestellt. Zur Feier des Tages gab es noch einen Kuchen, der an alle Anwesenden verteilt wurde. Als ich den Kuchen im Office vom Direktor sah, hab ich gedacht er würde nicht ausreichen. Ich war auch gespannt wie sie Ihn an so viele Menschen verteilen wollen. Aber Kenianer haben ihre ganz eigene Lösung an solche Probleme heranzugehen. Ganz im Gegenteil sie sehen gar keine Hürde darin. Der Kuchen wird einfach zerkleinert in ganz viele kleine Stücke. Dabei kommt es nicht darauf an ihn in viele möglichst gleich große schön geschnittene Stücke zu teilen. Nein er wird einfach klein gemacht, in einen Suppenteller gehäuft und rumgereicht. Ich bin echt beeindruckt wie gut dass alles geklappt hat. Hier lernt man dass man sich nicht über alles den Kopf zerbrechen muss. Hakuna Matata! Ist hier nicht nur eine Floskel sondern es wird hier zum Lebensmotto. Die Lehrer sind sehr freundlich und bemüht mich in ihre Gemeinschaft aufzunehmen. Ich habe mich mit vielen von ihnen angefreundet. Abgeschlossen wird der Tag mit einem Essen. Auch meinen Freunde die mich an dem Tag bei der Graduationfeier besucht haben, hat es gut gefallen. Ich habe hier schon gleich am Anfang gemerkt dass wenn man hier in Afrika ist, das europäische Denken ablegen muss. Nicht nur die Zeit tickt hier ganz anders. Als ich mir die Schule zum ersten Mal angeschaut hatte, waren nicht nur positive Gefühle in mir. Ich war etwas schockiert. Ich kann nicht genau sagen wegen was genau, aber es war irgendwie das gesamt Paket wie in afrikanischen Schulen unterrichtet wird. Dabei ist die Schule verglichen zu staatlichen Schulen laut der Schüler, Lehrer und Bevölkerung viel besser! Die Kinder bekommen mehr Aufmerksamkeit und sind besser betreut. Der Direktor hat große Visionen an denen er arbeitet. Wenn man aber mit dem Bewusstsein hingeht dass die Schule erst seit einem Jahr existiert, ist es beeindruckend wie sich schon vieles hier eingependelt und entwickelt hat. Es gibt noch viel zu tun, aber es gibt auch schon große Pläne für die Zukunft. Die Kinder gehen hier gerne zu Schule und viele von ihnen wollen in ihrer Pause zwischen ihren Prüfungen, die in meiner ersten Woche waren, noch etwas Deutsch lernen. Ich bin gespannt wie sich das Projekt weiter entwickelt. Wir haben jetzt erst einmal Schulferien und nächstes Jahr soll es einen Schulbus geben.

 
 
 
25.11.2012 Fabienne 1. Bericht

Jambo von der Küste Kenias

Ich bin Fabienne Spreitzer vom Bodensee und mache gerade ein FSJ in Ukunda an der Diani Busura School und waehrend den Schulferien in Kwale im Kinderheim! Ende naechste Woche werde ich dann nach Kwale umziehen, aber jetzt geniesse ich hier in Ukunda noch meinen Aufenthalt. Der Direktor hatte mich letzten Montag morgens am Flughafen abgeholt und mich sicher mit dem Taxi in mein neues zuhause gebracht. Die Projektwohnung habe ich mir noch mit den anderen Voluntaerinnen geteilt, von denen mich leider heute die letzten verlassen haben! Wir hatten diese woche genuegend Zeit um uns besser kennen zu lernen und sie haben mir auch sehr viel beigebracht wie man hier lebt und sich zurechtfindet. Die Zeit war mit ihnen wunderschoen. Sie waren leider ab und zu krank und deswegen konnten wir nicht immer gemeinsam in die Schule gehen. Aber wenn sie dort waren wurden wir immer von strahlenden Kindergesichtern begruesst. Es fand sich schnell eine Gruppe von Kindern immer dort zusammen, wo wir gerade waren. Wir haben alle unterschiedliche Klassen besucht. Zwei waren in der Schule aufgeteilt und Ronja war im Kindergarten und ich startet bei den juengsten, in der Babyclass. Schon jetzt bin ich entschlossen, wenn ich zurueck komme, den Verein weiterhin zu unterstuetzen! Ich kann es nur weiterempfehlen und wenn ihr die Moeglichkeit habt etwas zu geben, dann nutzt die Chance und helft! Es waere super wenn ein paar Spenden fuer den Schulbus zusammen kommen koennten! Soweit erst einmal von mir, aber ich werde mich bald wieder melden und mehr von meinem Aufenthalt hier berichten! Liebe Gruesse Fabienne.

 

 

 August 2012

Annegret - 1. Bericht

Das erste Mal in Kenia in der Diani Busara Junior School und Tsimba Children‘s Home

Teil 1

Mein Name ist Annegret Keller und ich studiere Angewandte Kindheitswissenschaften an der Hochschule Mgdeburg - Stendal im vierten Semester. Zu diesem Studium gehört ein Auslandspraktikum, welches jeder Student absolvieren muss. Nach langer Internetsuche fand ich den Future for Kids e.V., welcher auch Volontärstellen in der Diani Busara Junior School und im Tsimba Children‘s Home anbot.
Also schrieb ich Birgit Alexakis, der 1. Vorsitzenden des Vereinseine Anfrage per E-Mail, ob ich von Mitte Juli bis Anfang September ein Praktikum absolvieren könnte. Nach der Zusage standen wir in regelmäßigem W-Mail Kontakt sodass ich mich gut auf die Reise vorbereiten konnte.

Am 17. Juli war es endlich soweit und mein Flugzeug startete nach Afrika. Am Morgen des 18. Juli landete ich in Mombasa und wurde von Philip, dem Direktor der Diani Busara Junior School abgeholt. Die Autofahrt führte mitten durch die hektische,laute, überfüllte , menschenvolle und verregnete Stadt Mombasa Und es war Linksverkehr. Da ein Teil der Stadt auf einer Insel ist, brachte uns die Fähre zum anderen Ufer und die Fahrt ging weiter nach Ukunda. Dort brachte er mich in die Volontärswohnung, wo mich zwei andere Volontäre, Clemence aus Frankreich und Jere aus Finnland, begrüßten. Da es nur 2 Betten in der Wohnung gab,bekam ich leihweise von Philip ein Bett, was in die Küche platziert wurde.

An diesem ersten Tag ging ich noch nicht in die Schule, sondern ich konnte erstmal meine Sachen auspacken, Clemence und Jere kennenlernen und mich an die schwüle Wärme gewöhnen.Am nächsten Tag ( Donnerstag) gingen wir emeinsam in die Schule. Ich war sehr froh, dass die 2 Volontäre da waren, denn der Weg zur Schule führte mitten zwischen den Hütten und Häusern der Menschen entlang und glich oftmals mehr einem Trampelpfad als einem Weg. Es gibt keine Straßennamen und so musste ich mir andere markante Punkte suchen um mir den Weg zu merken. Nach 1/2 Stunde Fußmarsch kamen wir um 8 Uhr in der Schule an,wo ich freundlich vom Direktor, seinem Stellvertreter und 2 Frauen im Büro begrüßt wurde. Nach ein wenig Small Talk führte mich Philip an den Klassen-zimmern der 8. bis 1. Klasse den 2 Kindergartenklassen vorbei bis zur Babyclass, in der ich nun bleiben sollte. Er stellte mir Mgeni, die Klassenlehrerin vor sowie auch die anderen 3 Lehrerinnen Lilian, Jaqueline und Elisabeth.

Die kleinen 2 bis 3 jährigen Kinder dieser Klasse begrüßten mich mit mehrstimmigen Jambo-Rufen,. „Jambo“ ist kisuaheli und bedeutet Hallo. Somit hatte ich auch mein erstes Wort gelernt. Mir wurde ein Stuhl angeboten und schon saß ich da. Ich beobachtete die Kinder wie sie auf ihren Plastikstühlen um die Holztische saßen und sie beobachteten mich.Erstmal passierte nichts. Alle saßen da und schrieben etwas oder unterhielten sich.
Schließlich stand eine Lehrerin auf und sagte“ Good morning children“ und diese antworteten „ good morning teacher! Nice to meet you!“ Sie sagte daraufhin:“ How are you?“und die Kinder antworteten „I am fine“ Dann ging sie zu der Wand an die ein Alphabeth geklebt war und unter jedem Buchstaben war ein Bild welches diesen als Anfangsbuchstaben hatte.. Sie zeigte auf den Buchstaben und sagte „A“ und zeigte auf das Bild darunter und sagte „apple“ was die Kinder wiederholten. So ging es mit allen Buchstaben bis zum z. Danach setzte sich die Lehrerin wieder auf ihren Stuhl und es passierte nichts. Irgendwann spracxh ich Lilian an, ob ich ihr etwas helfen könnte, da sie einen großen Stapel Hefte vor sich liegen hatte. So schrieb ich mit ihr gemeinsam die Hausaufgaben für den nächsten Tag in deren HA Hefte ein. Gegen 10 Uhr gab es für die Kinder Porridge, einen süßlichen bräunlichen Brei ür die Kinder zum Frühstück. Der Brei wurde in einem großen Eimer in das Klassenzimmer gestellt und dazu ein Sack voll Plastiktassen. Diese wurden dann von einer Lehrerin befüllt und an die Kinder verteilt. Nachdem sie ausgetrunken hatten, durften sie ihre benutzten Tassen in den nun leeren Eimer werfen und das Klassenzimmer verlassen, da es nun wie für die anderen Klassen auch, Pause war. Nach der Pause wurden alle Kinmder wieder ins Klassenzimmer reglementiert und sie nahmen wieder auf ihren Stühlen platz. 3 Lehrer fingen dann jeweilseinen Namen eines Kindes zu rufen. Diese Kinder nahmen ihren Stuhl und versuchten sich einen Weg zu bahnen zwischen den anderen Kindern und Stühlen hindurch zur Lehrerin zu bahnen. Dort wurde in ihrem Übungsheft eine vorgetragene Mal- oder Nachschreibübung gemacht. Die restlichen 70 Kinder im Raum taten nichts, außer am Tisch sitzen. Sie hatten kein Spielzeug oder dergleichen. Wenn sie zu laut wurden, wurden sie durch anschreien, zurufe und durch Androhung eines Lineals oder Stockes wieder zur „ Ruhe“ gebracht.

 

Nachdem der Vormittag so verbracht wurde, gab es gegen 12 :30 Uhr Mittag: Ugali ( maisbrei) und Cabbage ( Weißkraut). Nach dem Essen verliessen wieder alle Kinder den Raum, der dann ausgefegt wurde. Außerdem wurden die Tische übereinandergestellt, die Stühle übereinandergestapelt und die Schlafmatten ausgelegt. Es waren 11 Matten für 74 Kinder, wie ich während der Mittagsruhe gezählt hatte. Nach dem Schlafen wurden die Hausaufgabenhefte wieder an die Kinder verteilt, die sie eilig in ihre kleinen mitgebrachten Rucksäcke stopften. Um 15 Uhr war die Schultag für die Kinder der Babyclass und somit auch für mich beendet.. Auch Jere und Clemence hatten Schluß und wir gingen zurück in die Wohnung. Anschließend zeigten sie mir die Umgebung und einige kleine Shops. Der Name „Conamsa“ ist für Volontäre von Bedeutung, da so der Platz heißt, wo die Matatus an der Teerstraße in der Nähe der Wohnung halten.

Freitag, 11. Mai 2012

 

 

Abschied

 
Natuerlich war klar, dass der Tag jetzt bald da sein wuerde, an dem ich mich verabschieden muss.
Richtig realisiere ich es deshalb noch lange nicht.
Sarina und ich trotten in die Schule, im Gepaeck ein Minigeschenk: Ein gerahmtes und signiertes Foto von uns beiden.
Es dauert lange, bis ich mich durch alle Klassen gewuehlt habe. Fast alle erinnern sich an den deutschen Abschiedsgruss "Auf Wiedersehen". In den Klassen, die ich kaum kenne, geht es recht schnell - die Kinder wuenschen mir eine gute Reise, die Lehrer bitten, ich solle meine Freunde und Familie daheim gruessen. Fast alle fragen, wann ich wiederkomme - doch das weiss ich nicht. Nicht in den naechsten zwei Jahren, sage ich, und dann sind einige tatsaechlich betroffen.
Abschied von der Vorschule
Im Kindergarten, wo ich den groessten Teil meiner Zeit verbracht habe, ist alles viel schlimmer. Natuerlich verstehen die Kleinen noch nicht, dass sie mich dann ab Montag nicht mehr wiedersehen - aber ich! Chris weicht nicht von meiner Seite und begleitet mich in alle Klassen, von denen ich mich verabschiede, ins Lehrerzimmer und sogar zum Direktor. Die Erzieherin Mgeni, meine Freundin vom Ostereierbemalen, weint sogar. Das tut mir richtig leid. Viele Kinder wollen heute kuscheln, auf meinem Schoss sitzen, mit mir spielen, und ich komme auch nach Stunden nicht wirklich los.
Der Schulleiter inzwischen ist vollkommen irritiert, als ich mich von ihm verabschieden komme. "Ich dachte, du faehrst am 14.?", fragt er. - Das stimmt, ist aber schon am Montag. Das sieht er ein. Er habe gedacht, heute sei erst Donnerstag, sonst haette er mir einen angemessenen Abschied organisiert. Ich bin mir nicht sicher, ob ein Schulleiter tatsaechlich vergisst, welcher Tag gerade ist, bedanke mich aber trotzdem. Seine Kinder, unsere ehemaligen Gastgeschwister, sind heute beide in der Schule - nachdem sie die ersten Wochen absichtlich zu Hause behalten wurden. Sie dort zu sehen, ist der schoenste Erfolg des Tages.

 
unser Foto
Wir uebergeben das Geschenk, das wir mitgebracht haben, und es wird gleich neben der Tuer des Direktorbueros aufgehaengt. Sekretaerin Pauline fragt, ob ich ihr ein Geschenk dalasse. Am liebsten mein Handy, das ich mir fuer 150 Euro ja schnell neu kaufen koenne. Ich lehne bedauernd ab, und sie ist ehrlich enttaeuscht. Dafuer hinterlasse ich meine E-Mailadresse. Drei haben sich bis heute schon gemeldet.
Bis ich mich von der Kueche und dem Kollegium verabschiedet habe, sauert es gleich nochmal eine Stunde. Immer wieder kommen Kinder und machen sich einen Spass daraus, mir zu a\erklaeren, ich haette noch nicht tschuess gesagt, obwohl dieselben schon bestimmt dreimal da waren. Alle wollen, dass ich bilder von ihnen mache und am liebsten gleich ausdrucke. Viele fragen auch nach Bildern aus Deutschland - die schicke ich bestimmt.
Als der Schulbus abfaehrt, sitzt Chris ganz vorn und fordert mich draengend auf, doch bitte einzusteigen. Als ich es nicht tue, winkt er mir, bis er mich nicht mehr sehen kann. Ich faende es lustig, zu erfahren, wie er als Vierzehnjaehriger mal reagieren wuerde, wenn ihm einer erzaehlte, wie arg er auf diese eine Freiwillige abgefahren ist, als er zweieinhalb war. Das Kind ist der Wahnsinn. Die ganze letzte Woche hatte er jeden Tag einen unbeschreiblichen Heulkrampf bekommen, wenn ich nur aus seinem Sichtfeld gewandert bin. Heute zum Glueck nicht - das macht einiges leichter.
Chris, wenn er auf den Arm will
Ich selbst fahre eine Stunde spaeter mit dem Bus - mal wieder mit Mary und Olivia auf dem Schoss und einer Menge johlender Schueler hintendrin. Die beiden Maedels winken mir heute, als sie aussteigen, lang hinterher. Vielleicht haben sie doch verstanden, dass ich heim fliege?
Dem Anlass entsprechend ist das Wetter heute auch mal wieder nicht besonders schoen. So verbringe ich einen eher ruhigen Abend damit, ueber die vergangenen Wochen nachzudenken. Schoen wars, aber viel zu kurz, um richtig etwas auf die Beine zu stellen. Trotzdem, denke ich, wird sich das ein oder andere Kind doch hoffentlich an mich erinnern, zumindest noch ein paar Wochen, bis die naechsten Freiwilligen kommen und mich abloesen. So ist der Lauf der Dinge.
Sarina verabschiedet sich auch - von ihrer Arbeit an der Schule, aber nicht aus Ukunda, denn sie bleibt ja da. Den Abend verbringne wir zusammen und diskutieren ihre weiteren Plaene - was sie vorhat, wenn ich am Montag abfahren werde.

 
Kaffeetrinken in einer Regenpause mit Sarina
Das entsprechende Ticket kaufe ich mir in Ibiza, eine Busfahrkarte nach Dar-es-Salaam fuer 14 Euro, Abfahrt Montag um 6:30 vormittags. Auch das realisiere ich noch nicht  mein letztes Wochenende steht an! Ich will unbedingt nochmal all das machen, was meine Zeit hier hauptsaechlich bestimmt hat. Matatu fahren, Kaffee trinken im Rongai, Chapati essen an einem Stand an der Strasse, durch die Nebenstrassen bummeln, am Strand entlang, zum Internetcafe gehen und abens mit dem Motorrad nach Hause - oder so aehnlich.

leider verspricht die Wettervorhersage nichts Gutes. Weint Ukunda mir etwa nach?

 

Samstag, 12. Mai 2012

Muttertag

 
Einen kleinen Nachtrag habe ich noch:
Das junge, schwangere Maedchen, das Anfang der Woche die weite Fahrt ins Krankenhaus antreten musste, sowie ihr Baby, haben die ganze Sache wohl gut ueberstanden. Das sagt jedenfalls unsere Schulsekretaerin, deren Mutter die Oberschwester der Klinik ist. Das ist die beste Nachricht der gesamten Woche!

Ich hab mir oft gedacht dieser Tage, dass es, bei all den ganzen Spendengeldern, die hierher fliessen, doch eigentlich moeglich sein muesste, dass dieses Krankenhaus einen Finanzvorrat hat um jeden Notfall ins Krankenhaus zu schicken, ohne erst nachzuforschen, ob die Familie das auch bezahlen kann.
Transport- und Kaiserschnittkosten belaufen sich ja auch "nur" 80 Euro, das ist fuer unsere Verhaeltnisse ja eine ganz passable Summe.
In der Zeitung, die wir immer lesen, wenn wir unseren Saft trinken gehen, stand die Tage etwas von einer Muttertagsaktion: Aehnliche Faelle wie 'unser' Maedchen, die schon seit Wochen im Krankenhaus liegen und darauf warten, dass die Familie das Geld bezahlt, damit sie nach Hause gehen koennen. 300 dieser Muetter wurden diese Woche durch eine Spendenaktion aus der Klinik freigekauft, um ihren ersten Muttertag daheim verbringen zu koennen.
Jetzt haben wir zwar keine 300x80 Euro uebrig, aber ich denke, wenn schon Muttertag ist, dann verabschiede ich mich wenigstens mit einer kleinen Miniaktion. Deshalb gehen Sarina und ich heute einkaufen: Windeln, Babypuder, Schnuller und co, und packen davon ein paar Tueten mit Aufschrift: "Happy Mother's Day". Die bringen wir dann morgen in die Geburtsklinik, fuer jede Mama, die am Sonntag ein Kind bekommt, oder auch mehr, jedenfalls, solange der Vorrat reicht. Ich hoffe, die kleine Geste kommt da gut an.
Allen Muettern zu Hause in Deutschland, insbesondere meiner eigenen, wuensche ich ebenfalls
alles Gute zum Muttertag!
Lasst es euch gut gehen!
 

 

Montag, 7. Mai 2012

Happy Birthday

 
Weil heute in der Schule kein Deutschunterricht ansteht, besuche ich noch einmal die Geburtsklinik, die ich im Zuge der Projektbesuche vor ein paar Wochen kennen gelernt hatte. Sarina kommt diesmal mit. Wir wissen beide noch nicht, was auf uns zukommt, wollen uns aber mal einen Tag lang anschauen, wie der Alltag in einem anderen Projekt ausgesehen haette.
 
Babys werden gewogen
Zunaechst mal beginnt er mit dem Wiegen von Babys. Der Raum ist voll mit Muettern und Kindern, die eins nach dem anderen in eine blaue Tragehose gesteckt und an den Hakenmit der Waage gehaengt werden. Eine liest das Gewicht ab, die andere traegt unter den wachsamen Augen der diensthabenden Schwester die Daten ins "Logbuch" ein, um die Entwicklung der Babys zu verfolgen. Danach geht es weiter zum Impfen.
Die Muetter kommen etwa einmal im Monat vorbei, und der Dienst ist kostenlos. Alle haben ein kleines Babybuch, und es gibt einen Graphen, in dem das Gewicht eingetragen und daran beurteilt wird, ob das Kind untergewichtig ist. Einige sind noch normal, obwohl sie furchtbar duenn aussehen. Direkt nach dem Wiegen werden sie in dicke Strickpullis gesteckt von denen ich fuerchte, dass sie dem Kind einen Hitzschlag verpassen. Aber aehnlich wie in Kanada die Babys in normalen Winterklamotten bei -30 Grad vor der Tuer nicht erfrieren, sind die Kinder hier eben an die Hitze gewoehnt. Manche Babys haben sichtlich Spass in der Wiegeschaukel, andere machen einen eher ungluecklichen Eindruck. ich frage, ob ich Bilder machen kann. Klar, sagen die Muetter; nach dem Foto wollen sie Geld. Ich gebe keines.
Impfen duerfen wir natuerlich nicht, aber wir sehen ein bisschen dabei zu. Tetanus, Polio und co stehen an, ganz normale Vorsorge wie bei uns eben auch. Dann laeuft die Oberschwester ploetzlich weg und bedeutet uns mitzukommen.

Im Geburtshaus ist eine Mutter in der Endphase angekommen - einfach so, zu Fuss, begleitet von ihrer weiblichen Verwandschaft. Uns wird bedeutet, reinzukommen. Ich frage drei mal nach, ob ich mich nicht verhoert habe - ich jedenfalls haette, wenn ich ein Kind bekaeme, nicht gerne Besuch dort. Doch der jungen Frau ist alles egal - und so kommen wir heute unverhofft in die priviligierte Situation, bei einer Geburt anwesend zu sein.
Hier wird alles mit den einfachsten Mitteln gemacht. Ich bekomme einen Kittel an und ein paar Handschuhe, die die Mutter selbst mitgebracht hat, ebenso wie Watte zum aufwischen und eine Rasierklinge zum Durchtrennen der Nabelschnur. Die Fruchtblase ist bereits geplatzt und die Dame liegt nackt und wimmernd auf einer gruenen Plastikplane im Fruchtwasser.
Aber zum Glueck fuer sie und uns geht die Geburt schnell und komplikationsfrei. Nur eine halbe Stunde spaeter ertastet die Oberschwester den Kopf, kurze Zeit spaeter ist das Baby da. Ein dunkel behaarter Kopf flutscht heraus, dann, mit leichtem Ziehen der restliche, kleine Koerper und die Nabelschnur, welche sogleich durchtrennt wird und fuer eine grosse Blutlaache auf dem Boden sorgt.
Es ist ein Maedchen, nur 2,2 Kilo schwer und unter der weissen Schmiere nicht dunkler als ich - die Farbe kommt wohl erst ein bisschen spaeter. Es schaut sich um, schreit ein bisschen, wird dann eingewickelt und zur Seite gelegt.
Die Mutter zeigt relativ wenig Interesse sondern kuemmert sich erstmal um die Nachgeburt. Die Oberschwester erklaert mir alles ganz genau, wir inspizieren die Plazenta, um zu schauen, ob sie komplett ist, dann wird sie fachgerecht entsorgt.
Ich finde die ganze Sache total spannend, gar nicht eklig und finde es toll, dass ich es miterleben kann - das ist bestimmt ein einmaliges Erlebnis, ausserhalb eigener Kinder in der Zukunft. Ich war mir nicht sicher, wie ich reagieren wuerde, doch was mich durchaus mehr umhaut als der Anblick einer Geburt ist die Nuechternheit und Routine, mit der alles passiert. Niemand tupft der Mutter die Stirn, ist an ihrer Seite und spricht beruhigende Worte. Niemand legt der Mutter das Neugeborene in den Arm. Tatsaechlich holt es nachher die Oma ab, bevor die Mutter es richtig gesehen hat - dann, nachdem sie einigermassen sauber gemacht wurde, legt sich die Mutter in den Vorraum zum Ausruhen, das Kind immer noch nicht im Arm. Einen Namen hat das Maedchen auch noch nicht, der wird spaeter mit dem Vater ausgesucht, doch der kommt nicht. Das Geschlecht war der Frau bis zur Geburt ja auch unbekannt, denn Ultraschall und andere Voruntersuchungen lassen die Wenigsten machen. Hier in der Klinik wird nur mit einem altmodischen, trichterfoermigen Hoerrohr nach den Herztoenen gelauscht - ich probiere es auch mal, hoere aber gar nichts ausser meinen Innenophrgeraeuschen, aehnlich dem "Meeresrauschen", wenn man sich eine grosse Muschel ans Ohr haelt.

 
nach der Geburt wird die Liege fuer die Naechste gesaeubert. Waehrrend der Geburt hab ich aus Diskretionsgruenden natuerlich keine Bilder gemacht

Nur ein paar Stunden spaeter gehen Mutter und Tochter nach Hause. Wir reinigen mit einer Chlorloesung das Zimmer, die Liege, Matte und den Fussboden sowie die Geraete und Schalen, waehrend schon die naechsten beiden Muetter in der Warteschlange stehen.
Eine von beiden ist erst zwischen vierzehn und sechzehn Jahren alt - das wissen sie hier nie so genau, denn Geburtstage sind nicht besonders wichtig. Ihr Bauch ist im Vergleich zur ersten Mutter riesig, und wir warten Stunden, Mittagspause zwischendrin eingeschlossen, dass sich der Muttermund den letzten notwendigen Zentimeter oeffnet. Als es so weit ist, hat das junge Maedchen keine Kraft mehr zum Pressen, auch wenn die Schwester sie dazu im Bundeswehrjargon animiert, sie Gymnastik machen laesst, undsoweiter, nichts hilft. Am spaeten Nachmittag gibt es einen Aufruhr, die Frau soll in die Klinik zum Kaiserschnitt. Es wird viel telefoniert, zuerst, ob die Familie das Geld fuer den Krankenwagen hat, dann verschiedene Krankenhaeuser angerufen. Eins hat keinen Anaestesisten, ein anderes keinen freien OP. Erst spaeter kommt ein Krankenwagen, Mutter und Familie steigen ein, alle sitzen eng zusammen wie im Matatu, die Schwangere eingeschlossen, die immer noch selbst zum Auto gelaufen ist. Sie muessen in ein Krankenhaus in Mombasa, mindestens eine Stunde Fahrt entfernt, mit der Faehrueberfahrt zwischendrin. Sechzig Euro wird der Kaiserschnitt kosten, die Mutter muss bleiben, bis das Geld bezahlt ist. Ob das Kind es schafft, wissen wir nicht - morgen werden wir anrufen und nachfragen und das Allerbeste hoffen. Und wieder erstaunt uns die stoische Ruhe, mit der die Familie die Situation ertraegt.

Die dritte Schwangere bekommt gerade Abendessen und liegt noch ziemlich ruhig herum, als wr Feierabend machen. Irgendwann heute Nacht wird das Baby kommen.
Ich bin immer noch ganz platt von den Eindruecken dieses Tages. Aber mit der Geburt, die wir gesehen haben, hatten wir, glaube ich, grosses Glueck. Sicher hatte die Frau auch Schmerzen, insbesondere da hier ja alles ohne PDA und co gehen muss. Aber es war deutlich weniger schlimm als die meisten Geburtsszenen im Fernsehen und das ist beruhigend, wenn man selbst mal in die Situation kommt, ein Kind auf die Welt bringen zu muessen, finde ich.

Ich bin sehr froh, dass ich dieses Erlebnis haben konnte und hoffe, das die drei Muetter und ihre Babys von heute gesund und munter in ihr (weiteres) Leben starten.  

 

Sonntag, 6. Mai 2012

Glueckspilz

 
Das Wochenende war - wie gewuenscht - trocken. Zumindest tagsueber, denn nachts hat es diesmal so arg geregnet, dass das Wasser in unsere Kueche gelaufen ist. Gluecklicherweise trocknet so ein Fliesenboden auch wieder. 
Tagsueber jedenfalls ist das Wetter ideal, um nach draussen zu gehen. Ich gehe mal richtig weit spazieren, anderthalb Stunden von zu Hause bis an den Strand und dann am Strand entlang.
Letzteres ist nicht unbedingt die tollste Idee, wenn man seine Ruhe haben moechte. Nachdem ich die ersten paar Beach Boys und Taxifahrer abgewimmelt habe, kommt der naechste Typ, rennt neben mir her und zwingt mir ein Gespraech auf - voellig ignorierend, dass ich auf den Boden starre und ihm nur einsilbig antworte. Unfreundlich ist er nicht, deshalb gebe ich ihm eine Chance, und das ist ein Fehler. Ob ich mitkommen mag, das Dorf anschauen. Das Dorf kenne ich nicht, und ich zoegere einen Moment zu lange, dann packt mich die Neugier und ich gehe mit, einmal die Hauptstrasse rauf und runter. Der Typ derweil laesst sich im naechstbesten Cafe nieder und bestellt uns einen Tee. Na bravo, da ist ja wieder klar, wer den zahlt. Da mir der Typ aber glaubhaft versichert, er sei aus Rwanda und arm und alles (wie wahrscheinlich die meisten hier), und das Essen in Laeden wie dem, in dem wir gerade sitzen, nicht teuer ist, beschliesse ich mal meinen netten Tag zu haben und den Tee und die Linsensuppe mit Ugali springen zu lassen, die er sich dann auch noch bestellt.
Lange dauert es leider nicht, da steht der naechste Typ auf der Matte und erklaert, er wuerde sich dann jetzt mal ein paar Bohnen und Chapatis bestellen und faende es ja so nett von mir, dass ich das zahle. Ich erklaere ihm, dass ich davon ueberhaupt nichts gesagt habe und er sich verziehen soll. Doch er hat das Totschlagargument schlechthin: Ich soll doch froh sein, dass er mich so offen um Geld bittet, andernfalls muesse er naemlich meine Tasche klauen. Voellig arglos und matter-of-factly sagt er das, und ich bin sprachlos. Als ob ich eine Wahl haette! Ich bestelle die Rechnung in dem Laden und will mich verziehen, bevor der Typ irgendetwas bestellen kann. Zweihundert Schilling, sagt der Kellner, zwei Euro. Ich bin mir sicher, das ist zu viel, ueberschlage kurz im Kopf und fuehle mich bestaetigt. Tee kostet selbst im besten Restaurant von Ukunda nur 30 Cent, und in Laeden wie diesem hier ist der Standardpreis fuer Ugali etwa 20 und der von Linsen auch. Wie viel? Frage ich auf die einzelnen Dinge zeigend. Er nennt relative Wucherpreise, doch selbst die zusammen addiert geben weniger als 200. Ich knalle die 200 auf den Tisch und sag, er soll dem anderen Typen fuer das was er mir zu viel berechnet hat sein Mittagessen bringen, dann gehe ich ohne ein weiteres Wort. Natuerlich ruft mir auch niemand nach.
Es ist eine Sache, jemandem Essen zu kaufen, der einen darum bittet. Eine andere, es jemandem zu kaufen der einen dazu zwingt. Aber dann noch vom Restaurant 100% Preisaufschlag reingedrueckt zu bekommen, macht mich echt wuetend. 
Das Klau-Argument hoere ich noch zwei mal an diesem Tag. Tatsaechlich wird meine Tasche gluecklicherweise nicht geklaut. Aber ich bin an dem Punkt angekommen, dass ich den Menschen mit Argwohn, zum Teil Ablehnung begegne, jedenfalls denen unten am Strand auf Touristenfang - etwas, was ich eigentlich vermeiden wollte. Bloede Nebensaison!

Am Sonntag werde ich dann mehr als doppelt entschaedigt. Ich bade in einem Hotel, das eigentlich geschlossen ist, bis auf ein paar suedafrikanische Unternehmer, die fuer ein Bergbauunternehmen in der Gegend taetig sind und sich fuer das ganze Jahr dort eingemietet haben. Offenbar bezahlt die Firma ganz gut, denn die insgesamt vier Maenner haben ebensoviele Bedienstete sowie jeweils ein Auto und heute den gesamten Pool fuer eine private Grillparty gemietet. Weil ich zufaellig gerade herumlaufe, werde ich eingeladen. Es gibt Spiesse mit Rinderfilet und Garnelen, frischen Fisch, Folienkartoffeln, Salate, Beilagen, Obst und ein Nachtischbuffet inklusive Eisbombe, in Mengen fuer bestimmt zwanzig Leute. Ich kippe fast aus den Latschen und fuehle mich als echter Glueckspilz! Mit einem Glas Mineralwasser im Pool haengen und frischen Grillduft in der Nase haben ist der absolute Wahnsinn, insbesondere unverhofft!
Nach einer (sehr sehr leckeren) Weile packt das Personal die noch fast vollen Platten weg. Ich frage alarmiert nach, was damit passiert. Keine Sorge, versichern sie mir, das geht jetzt alles an die Angestellten und wenn dann noch Rest sein sollte, an deren Familien. Das finde ich gut.
Die Suedafrikaner erwarten uebrigens keinerlei Gegenleistung (Telefonnummer oder aehnliches), auch das ist mal angenehm.

In jedem Fall war dies ein Wochenende voll kontrastreicher Erlebnisse, die wieder einmal zeigen, wie weit das touristische Leben an der Kueste von dem "wahren" Leben der Leute hier abweicht.
 

Mittwoch, 2. Mai 2012

Zurueck zur Normalitaet

 
Zum ersten mal in meiner Zeit in Afrika kostet es mich Ueberwindung, unter die kalte Dusche zu gehen (Warmwasser gibts natuerlich nicht und bracht man normalerweise auch nicht). Verflucht kalt ist es heute morgen im Kinderheim! Deshalb halte ich bibbernd nur die Haare kopfueber unter den Wasserstrahl, wasche mich knapp und setze mich dann schnellstmoeglich draussen in die Sonne.
Dort ist das Fruehstueck bereits beendet und der Heimleiter haelt eine Art Konferenz ab. Wie immer ist das weitgehend ein Monolog. Ich bin mir nicht ganz sicher, was es soll, was er mir von irgendwelchen vergangenen Vorkommnissen im Heim erzaehlt, aber scheinbar ist ihm das alles sehr wichtig. Die Kinder halten muehsam die Augen offen, und ich schiele nach einer Tasse heissem Tee, die ich aber erst eine gute Dreiviertelstunde spaeter bekomme, als der Monolog beendet ist.
Ich hab nicht besonders gut geschlafen heute Nacht - der Muezzin der Moschee nebenan hat naemlich um Schlag halb fuenf Uhr morgens eine halbe Stunde lang ueber eine verteufelt laute Verstaerkeranlage Rabatz gemacht, so, dass ich erst senkrecht im Bett stand, und mich dann gefreut habe, nicht zwei Wochen lang hier geschlafen und das jede Nacht mitgemacht zu haben. Irgendwann haette ich bestimmt nen Herzinfarkt bekommen...
Versteht mich nicht falsch, der Islam ist eine schoene Religion und alles... aber muss es denn um diese Uhrzeit so laut sein? Ein Gebetsaufruf ist doch auch bei 80 statt 180 Dezibel nicht weniger gut verstaendlich.
Jetzt, wo ich wach bin, denke ich schmunzelnd an etwas, was mir mein Freund mal vor einer Weile erzaehlt hat: Dass es in Aegypten inzwischen nicht mehr erlaubt ist, einen riesen Ghettoblaster auf die Moschee zu schrauben, nachdem es mal ein grosses Wettruesten gegeben hat und sich alle so dermassen uebertoent haben, dass dem Verstaerken ein Ende bereitet wurde. Diese Massnahme hat sich offenbar nicht bis Kenia durchgesetzt, und so schallt es eine ganze Weile ohrenbetaeubend allahu akbar durch die nicht verglasten Fenster, bis ich irgendwann gegen fuenf wieder einschlafe bis zur naechsten Gebetszeit in der Fruehe. 

Nach dem Fruehstueck sammle ich meine Waesche von der Leine, packe meinen Krempel zusammen, helfe bei der Vorbereitung des Mittagessens und verbringe anschliessend noch etwas Zeit mit Kindern und Hausmuettern, bevor ich mich vorerst verabschiede und zurueck an die Schule fahre.
Die Diani Busara Junior School kann als Privatschule selbst ueber ihre Oeffnungszeiten entscheiden und ist damit heute etwas frueher dran als die meisten anderen Schulen, die am 7. Mai in das neue Trimester starten. Besonders viele Kinder sind noch nicht da, vielleicht die Haelfte der Schueler. Ich gehe meine Runde, besuche hier und da den Unterricht (die Abschlusspruefungen des letzten Trimesters werden besprochen), dann ist der erste Tag auch schon wieder vorbei und ich fahre im Schul-Matatu nach Zentralukunda. Auf dem Schoss diesmal meine kleine suesse Mary, die sich erfreulicherweise an mich erinnert, und Schwester Olivia, die auch ganz zufrieden auf meinem Oberschenkel Platz nimmt. Einfach schoen!

 
Mary, Olivia und eine Freundin

Jetzt geht es also wieder los mit der Schule. Genau sieben Tage bleiben mir dort noch, der Rest der jetzigen und die ganze naechste Woche. Wahnsinn, wie schnell die Zeit doch verstreicht. Ich fuerche, dass ich in der wenigen Zeit keine Berge versetzen kann, aber immerhin meinen kleinen Beitrag will ich schon leisten. Beispielsweise haben wir mitbekommen, das eine Klasse keinen Sportunterricht hat - keine Ahnung, ob das stimmt, aber wenn ja, dann werden wir es aendern! Solche und andere Kleinigkeiten werden sich schon finden. 
Heute Abend aber wird erstmal wieder der Blog auf den neuesten Stand gebracht - leider immer noch ohne Fotos. Ich versuche staendig, welche hochzuladen, und immer gibt es ein anderes Problem. Aber auch das gehoert hier einfach zur ganz normalen Normalitaet.

In diesem Sinne - nicht die Geduld verlieren!

 

 

 

Dienstag, 1. Mai 2012

Lagerfeuer

 
 
Es kostet 90 Eurocent, mit dem Matatu nach Tsimba zu fahren. Ich bin der definitiven Auffassung, dass diese Matatufahrer entweder kein relationistisches Denken beherrschen, oder es nicht beherrschen wollen - Mombasa ist ein gutes Stueck weiter und kostet nur 50. Aber nach Tsimba muss man umsteigen, und zwar in Kombani, und allein dorthin zahlt man schon 40, obwohl es nur der halbe Weg bis Mombasa ist. Dann muss man sich ueber eine Kreuzung kaempfen, auf der circa fuenf bis acht Motorradfahrer dir erklaeren, dass sie dich fuer sieben Euro nach Kwale fahren wollen, obwohl du weder mit dem Motorrad fahren, noch dafuer 7 Euro zahlen, noch ueberhaupt nach Kwale willst. Wenn man das erfolgreich erklaert (oder ignoriert) hat, muss man Richtung Kwale ein Matatu besteigen, das in der Regel so voll ist, das ich bisher meistens auf dem Trittbrett mitgefahren bin, und dann gehts im Affenzahn ueber die huegeligen Pisten ins schoene gruene Hinterland, das einem in diesem Moment aber egal ist, weil man mal wieder einfach nur hofft, lebend aus dem Ding zu kommen.

Heute bekomme ich einen Sitzplatz, was auchein Glueck ist, denn ich habe 4 Kilo Mehl und einen zum Bertsen gefuellten Rucksack dabei. Im Matatu macht man mir deshalb gern Platz - soweit es geht, denn diesmal stehen andere unglueckliche Leute auf dem Trittbrett und lehnen sich ueber meinen Schoss. Ich biete mich an, dem Typ seinen Koffer abzunehmen und auf meinem Schoss zu platzieren, was er dankend annimmt. Die beiden Frauen neben mir schauen neugierig, der Fahrer weiss, dass ich nach Tsimba will und auch, dass ich den Preis kenne. Hinten auf der Rueckbank hat einer einen leeren Eimer dabei, mit dem er dem Geruch nach heute Angeln war. Aber solchen und aehnlichen, hauptsaechlich Koerpergeruechen kann man im Matatu eben nicht ausweichen, auch, wenn alle Fenster nach unten gekurbelt sind und die HAelfte der Insassen bestimmt morgen eine Bindehautentzuendung hat.

Direkt vor der Haustuer haelt das Matatu, das ist Premiere. Mein Gepaeck wird mir abgenommen, als ich aussteige, und diesmal lasse ich es zu, anstatt verkrampft meinen Rucksack festzuhalten wie sonst.

Im Kinderheim sieht es noch nicht so aus, als haette man schon lange auf mich gewartet. In der Kueche wird inaller Ruhe etwas gebrutzelt, waehrend die Kinder im Gemeinschaftsraum fernsehen. Ich hocke mich eine Weile dazu und versuche, mit dem PC des Heimleiters ins Internet zu kommen, doch die 7kb/s Up- und Download reichen nicht zum Aufruf einer bebilderten Seite wie meinem Mailprovider, sondern nur grosser Frustration.
Eine andere Maschine sorgt fuer deutlich groessere Freude meinerseits: Das Heim hat einen Waschautomaten, und ich hatte gebeten, diesen nutzen zu duerfen. Klar, kein Problem, alle ehemals weissen Sachen rein, warten, und hoffen, dass sie wieder weiss werden. Mann ist das toll! Dem Ding zuschauen, wie es die Waesche einweicht, herumwirbelt, durchspuelt, und dabei so viel effizienter ist als meine Haende und ich und diese Waschschuessel. Ich frage mich, wieso eigentlich? Immerhin rubble ich ganz schoen mit viel Seife Stoff and Stoff, um die Flecken rauszubekommen, waehrend so eine Maschine sich ja bloss drehen kann, oder? Warum ist das Ergebnis der Maschine dann so viel besser? Ich hoffe, es gab mal eine Sendung mit der Maus zu dem Thema und ich finde sie irgendwo...
Waschmaschine!
Jedenfalls ist so ein Teil eine geniale Erfindung und jeder, der eins hat, sollte sich darueber freuen.
 
Vorfreude
beim Ausrollen ist Teamwork angesagt
Als es dunkel wird, versammeln wir uns alle in der Kueche. Dort knistert im Kamin bereits ein grosses Feuer. Ich hatte vorgeschlagen, heute Stockbrot zu machen, und dabei an die Feuerstelle im Garten gedacht. Aber ganz offenbar ist es nicht das erste Mal, dass im Heim Brot gegrillt wird, und alles ist ohne mein Zutun schon abschliessend organisiert. Wegen des Windes wird das Brot drin gemacht. Ohne dass ich es gemerkt haette, hat Kuechenchefin Mariam schon einen tollen Teig zubereitet, der in einer Riesenschuessel gemuetlich vor sich hingeht, und die Kinder haben aus dem Werkraum eine Menge langer Stoecke zu Tage gefoerdert, die nach aehnlichen Aktivitaeten aufbewahrt worden waren. Jetzt spielen sie damit herum, und es sieht verdaechtig nach einem Star Wars Laserschwertkampf aus.
Wenn wir schon grillen, hat sich Charles offenbar gedacht, dann auch richtig, und hat Fleisch besorgt, das er nun einschneidet und in Zwiebelsud einlegt. Ueberhaupt sind erstaunlich viele junge und aeltere maennliche Wesen in der Kueche zugange, obwohl so etwas hier ja doch eher traditionelle Frauenarbeit ist. Vermutlich liegts am Grill - da sind ja auch deutsche Maenner immer mit viel mehr Begeisterung dabei als bei "normaler" Kuechenarbeit :) Aber im Ernst: Hier im Heim helfen alle mit, und das finde ich gut.

 
leckeres Ergebnis
Inzwischen ist der Teig zu langen Wuersten ausgerollt worden, und die Kinder schicken sich an, diese moeglichst formschoen um die Stockenden zu wickeln. Kelvin sieht aus wie ein Masaikrieger mit seinem Stock in der Hand und freut sich, als ich ihm dies sage.
gemuetliches Feuer
Waehrend das Fleisch auf dem Rost brutzelt, versuchen die ersten, das Brot knapp ueber den Flammen unter dem Rost zu garen. Bei manchen geht das schief und die Brote werden aussen leicht kohlenstofflastig, aber dennoch verspeist. Ich knie mit zwei Stoecken fuer die beiden Kleinsten vor dem Grill und schwitze ganz ordentlich, obwohl es heut abend in Tsimba tatsaechlich ziemlich kuehl ist. Das Grillen des Brotes ist in dieser Konfiguration fuer die ganz kleinen Kinder nicht geeignet. Macht ihnen aber nichts - keiner reisst sich drum, seinen Stock in die Flammen zu halten. Also machen die groesseren Kinder, Hausmuetter und ich das.
Kinder und Brot
Essen tun sie dann aber alle gern - insbesondere natuerlich das Fleisch, aber auch das Brot, und danach noch eine Portion Reis und Linsen, man kann ja nie genug haben.

Es dauert eine Weile, die Kueche wieder auf Vordermann zu bringen - dann gehen wir alle nach drinnen in den Gemeinschaftsraum. Heute morgen bei Fruehstueck hatte ich von einem der leicht nervigen Haendler, die dort immer herumlaufen und Dinge verkaufen wollen (von der CD bis zur Waescheleine) ein paar klassische Disneyfilme gekauft. Die Kids entscheiden sich, Dumbo zu schauen, und selbst die Grossen haben offenbar Spass daran. Die normale Schlafenszeit von neun Uhr wird kurzfristig ignoriert und auf elf ausgedehnt, dann gehen wir alle ins Bett.
Mir hatte man in einem Raum am Ende des Korridors ein Einzelzimmer eingerichtet, mit einem frisch bezogenen Bett inklusive Moskitonetz. Darunter verkruemle ich mich jetzt und bin froh, den langen Schlafanzug dabei zu haben. Draussen weht der Wind, aussen am Netz sirren frustrierte Moskitos, sonst ist es ruhig. Ich stelle den Wecker auf sieben, auch wenn ich weiss, dass ich da ganz bestimmt nicht aus dem Bett komme, und schicke meinen vollgefutterten Bauch in Verdauungsschlaf.
 

 

Montag, 30. April 2012

 

Trauer

 
Es ist etwas ganz Schreckliches passiert.
Unsere Schulsekretaerin verkuendet es Sarina und mir, als wir ihr auf der Strasse begegnen, mit zuckenden Schultern. Bei einem Verkehrsunfall eines Matatus sind eine unsere Erstklaesslerinnen, die kleine Faith, und ihre Mutter ums Leben gekommen.
Ich kenne das Maedchen nicht, oder zumindest nicht so, dass ich ihr Gesicht mit ihrem Namen assoziieren kann, aber dennoch haut es mich um. Sowas passiert nicht bei uns. Kinder sterben nicht. Kinder verungluecken nicht. Und wenn, dann ganz selten, und ich habe es noch nie mitbekommen. Wenn ich an die suessen Erstklaessler denke, die die Klasse meiner Mutter besuchen, und ihre gelben ADAC Warnwesten und alle anderen Massnahmen, um sie im Strassenverkehr sicher zu wissen - und dann an die klapprigen Autos ohne Sicherheitsgurte und eine andere Klasse suesser Erstklaessler hier, wird mir ganz anders.

Wenn man die Hinweise des Auswaertigen Amtes zu Kenia liest, steht dort im Grossen und Ganzen Folgendes drin: Bevor man sich hier Gedanken um Malaria, Raubmord oder andere Touristensorgen machen kann, ist man vermutlich schon einem Verkehrsunfall zum Opfer gefallen. Staendig liest man in der Zeitung von haarstraeubenden Unfaellen. Es ist mit Abstand das groesste Risiko fuer Leib und Leben hier. Man liest es, man weiss es, aber jetzt ist es Realitaet geworden, denn es hat ein Kind unserer Schule erwischt.

"Das war Gottes Wille", sagt Pauline, die Sekretaerin, recht sachlich. Die nuechterne Akzeptanz schockiert mich erst, dann begreife ich langsam, dass dies ein Schutz ist der Leute vor dem Schmerz, weil viel zu oft etwas passiert, das nicht passieren sollte. Kinder werden Aidswaisen, Babys sterben bei der Geburt, Familien verlieren den Vater und Versorger undsoweiter undsoweiter. Hilft es da zu glauben, das alles sei Schicksal? Ich kann mich nicht damit anfreunden, dass der Tod eines sechsjaehrigen Maedchens gewollt ist, von keinem Gott und Schicksal der Welt.
Die Schule sammelt Geld fuer ein Kondolenzgeschenk an die uebrige Familie, Mittwoch wird es eingesammelt. Ich frage mich, wie diese Familie mit der Situation umgeht - aber mir daemmert langsam, dass man hier den Tod als Teil des Lebens akzeptieren muss, sonst wird man verrueckt, so oft, wie er zuschlaegt.

Sicher trauern die Leute hier auf ihre Weise. Ich hoffe ehrlich fuer alle hinterbliebenen Familienmitglieder, die Klassenkameraden, Freunde und Lehrer, dass wir alle bald irgendwie darueber hinwegkommen, und das Gedenken an das Meadchen und ihre Mutter eine schoene und keine schmerzliche Erinnerung mehr seid wird. Und dass es das letzte Mal ist, dass wir in Ukunda Schueler begraben muessen, wobei ich fuerchte, dass dies noch ein Wunschtraum bleibt, bevor hier endlich etwas fuer die Verkehrssicherheit getan wird.


 
Du bist nicht mehr da, wo Du warst,
aber Du bist überall, wo wir sind. 

Wir denken an dich Faith 
 

 

Regenzeit

 
Ungefaehr zwanzig mal rutsche ich beinahe (aber zum Glueck nur beinahe!) aus auf dem matschigen Boden, als ich mich endlich dazu durchringe, das Haus zu verlassen. Der Regen flatscht seit gestern periodisch in Stroemen vom Himmel, und weil hier sehr wenig asphaltiert ist, gleicht der Boden inzwischen dem Inhalt eines gigantischen Nutellaglases. Einzig der Geruch ist nicht schokoladig-nussig, sondern noch feucht-stickig, wie in eiem Gewaechshaus. Ich fuerchte, dass sich das bald aendert, wenn die Muellkippen entlang der Strasse ausgeschwemmt werden, aber noch ist es nicht so weit.
Erst gestern Mittag hatte uns wieder einmal jemand gesagt, wie wenig es doch regne fuer dieRegenzeit. Die hat schliesslich schon vor einer Weile begonnen, doch bis auf den ein oder anderen sporadischen Schauer war es weitgehend trocken geblieben, wenn auch windig, und der Wind hatte die dunklen Wolken schnell weg von der Kueste und ins Landesinnere geblasen.
Also hat der Klimawandel auch Afrika erreicht - oder, wenn es nicht der Klimawandel ist, dann zumindest dasselbe Phaenomen, was wir bei uns in Koeln (und vermutlich auch im Rest Deutschlands) auch seit ein paar Jahren beobachten: Hochsommer im Mai, dann im August Temperaturen, die unter denen vom letzten November liegen, der Schnee kommt Ostern, waehrend Weihnachten ins Wasser faellt etc. - kurzum, die Jahreszeiten stimmen nicht mehr so richtig. Und hier, wo seit Jahr und Tag im April die Regenzeit losgeht, braucht es diesmal bis zum letzten Wochenende des Monats, bis die ersten, groesseren Schauer und Gewitter kommen.
Was unangenehm ist fuer uns (wir konnten das Wochenende weitgehend nur drinnen verbringen, haben aber jetzt immerhin eine Kochplatte und koennen uns versorgen), ist ein lang erwarteter Segen fuer die lokale Landwirtschaft. Dennoch - die Preise fuer das zur Zeit ohnehin teure Obst und Gemuese werden weiter steigen, denn der wenige Regen hat Auswirkungen auf die Ernte und auf die Laune der Leute.
Draussen am Strand, in der Disko, die Sarina gern besucht, verdient ein Kellner pro Nacht zwei Euro - so viel kostet dort ein Bier. Und wenn der Kellner ein solches mal faelschlicherweise oeffnet, hat er die Nacht eben umsonst gearbeitet. Wenig Trinkgeld gibt es zudem, dafuer sind die Getraenkepreise zu hoch, insbesondere fuer die Einheimischen, die jetzt anstelle der Touristen die Disko besuchen. Fuer zwei Euro konnte man mal 40 Bananen kaufen, jetzt ist es die Haelfte und wird wahrscheinlich noch weniger. 

Unerschuetterlich aber sitzen die Marktleute weiter auf dem jetzt matschigen Marktplatz von Ibiza im Regen und verkaufen wie jeden Tag ihre Waren. Das Resultat - schimmlige Tomaten, wie die, die wir heute in unseren selbstgemachten Nudelsalat schnippeln (erste Amtshandlung angesichts neuer Kochplatte), und viel Abwaschbedarf.
Die Moskitopopulation ist offenbar auch rasant angestiegen, jetzt, wo es wieder vermehrt Brutplaetze gibt, und es draengt sich die Notwendigkeit auf, auch fuer die nur noch verbleibenden zwei Wochen Aufenthalt ein Netz zu kaufen.  
Wir werden jetzt mehr denn je angesprochen auf der Strasse in der Hoffnung, wir moegen doch einen Laden besuchen oder auf einem Motorrad mitfahren (Letzteres ist bei Regen natuerlich ausgesprochen unattraktiv). Die Anzahl der Touristen und die Menge an Leuten auf der Strasse hat spuerbar abgenommen, und die konstante Menge an Verkaeufern und Taxifahrern buhlt verzweifelt um die knappe Kundschaft. Vermutlich ist es gerade gar keine schlechte Form von "Hilfe", einfach nur in der Stadt herumzufahren und Essen zu gehen und Dinge einzukaufen.
Gut ist, dass man darauf verzichten kann, sich mit Sonnenmilch einzureiben und langaermelige Klamotten zu tragen. Die Freude ueber das Nichtschwitzen wird allerdings dadurch neutralisiert, dass man durch den Regen am Ende des Tages trotzdem so nass ist wie eh und je. Aber wir wollen uns nicht zu arg beschweren und hoffen fuer die Bevoelkerung auf eine jetzt gute Ernte und stabilie Lebensmittelpreise.
Und wenn wir einen Wunsch frei haben, dann einen Tag mit viel Sonne fuer das naechste Wochenende. In der Nacht darf es dann gerne wieder sintflutartig regnen!

PS: Wir werden heute, ebenfalls auf Grund des Wetters, nicht in den Mai tanzen, sondern eher in den Mai schlafen. Denjenigen unter euch aber, die heute Nacht tanzen, Maibaeumchen aufstellen, oder (weniger traditionsreich) grillen oder aehnliches moechten, wuensche ich selbstverstaendlich nur gutes Wetter und einen tollen Start in den neuen Monat!
 
Donnerstag, 26. April 2012

 

Ausflug

 

Sarina und ich schluerfen gegen halb zehn gemuetlich unseren heissen Instantkaffee (mit viel Milch und Zucker) auf der schattigen Terrasse des Rongairestaurants (auf der sich heute Morgen mal keine Europaeer zum Biertrinken versammelt haben), als Charles vorfaehrt. Puenktlich ist er, sogar fuer deutsche Verhaeltnisse und nicht nur kenianische. Im Schlepptau alle 18 Kinder des Heims sowie eine Hausmutter, alle hinten ins heimeigene Matatu gestopft, damit wir beiden auf der Beifahrerbank Platz haben.
Heute ist ein Ausflug angesagt, finanziert aus Spendengeldern. Wir fahren als allererstes an den Tiwi- oder Congoriver, und ich weiss bis jetzt nicht, was der richtige Name ist. Tolle Baobab-Baeume (die, die so aussehen, als seien sie schwanger) stehen herum und spenden Schatten – doch das Wasser steht tief und dies sowie Wind und Seegang ermoeglichen keine Bootsfahrt auf dem Fluss. Die Kinder warten im Schatten; etwas muede sehen sie aus und weniger lebhaft und Froehlich als gestern, bis auf die kleinste, die wild um mich herumspringt und dann zu Sarina auf den Autositz krabbelt, voellig ohne Scheu.
Wir disponieren schliesslich um und fahren bei Kim4Love, einer Strandbar,  an den Strand.  Dort handeln wir zu einem guenstigen Preis eine Fahrt mit dem Glasbodenboot auf eine vorgelagerte Sandbank aus. Da Charles geschaeftlich nach Mombasa muss, fahren die Kinder, Hausmutter und wir beiden Freiwilligen alleine los. Der Wind weht schon recht arg, aber zum Glueck ist das Wasser nicht tief und die Wellen koennen sich nicht so arg aufschaukeln, dass ich seekrank warden koennte. Durch den Glasboden kann man den nahen Sandboden beobachten und dann die Grenze zum Riff. Man sieht einige Korallenknoten, Zebrafische, Seetang, Seeigel, und anderes Getier, was schon recht huebsch ist. Das Great Barrier Reef ist es nicht – so viele tolle, praechtige Korallen so knapp vor der Kueste gibt  es hier, denke ich, nicht. So wie der Bootsfahrer seinen Anker ins Wasser wirft, glaube ich auch zu wissen, warum. Die Kinder jedenfalls starren fasziniert durch das Glasfenster, und Sarina und ich, die ihnen den Vortritt lassen, geniessen die Brise auf dem Dach des doppelstoeckigen, kleinen Holzbootes.  Die Besatzung des Bootes taucht mit Fischfutter unter das Glasfenster, um die Tiere herbeizulochen, und wir koennen die Zebrafische genauer studieren – toll sehen sie aus, richtig gestreift wie Zebras, die Maennchen dazu mit einem gelben Ruecken (ich glaube jedenfalls, dass es die Maennchen sind, den so gut verstehe ich ja immer noch kein Kisuaheli). Inzwischen schwimmen viele schnorchelnde Touristen um das Boot, und wir legen an der Sandbank an. Dort ist eine ganze Weile Pause angesagt. Die Kinder spingen lachend vom Boot in den Sand und von da aus gleich ins flache, wellenfreie Wasser an der geschuetzten Seite der  kleinen Insel. Sarina und ich kuemmern uns abwechselnd um die Nichtschwimmerinnen, die andere macht ein paar Bilder, erkundet die Insel oder geht – in meinem Fall – mal kurz mit Maske, aber ohne Schnorchel (bissel eklig) auf Tauchstation. Ich passe auf, dass ich in keinen Seeigel trete, obwohl ich viele sehe, und dazu noch Schwaerme winziger Fische, die durch den Glasboden nicht zu erkennen waren. Unter Wasser fuehle ich mich wohl, waere gern laenger geblieben, kehre aber zurueck zu den Pflichten. Inzwischen haben Touristen “unsere” Kinder entdeckt und kommen zum fotographieren. Ich frage die Kinder, ob ihnen das recht ist, dann fassen sie Vertrauen und lassen sich mit den Touris zusammen ablichten, sehr zu deren Freude. Der Rest plantscht Froehlich im Wasser. Die meisten, und alle aelteren, koennen schwimmen. Die Maedels tragen allesamt eine Radlerhose unter den Badeanzuegen, und die aelteren Maedels, die mit schicken Langhaarfrisuren aus den Ferien zurueckgekehrt sind, sehen wie richtige Badenixen aus.
Als der Wind staerker wird und die Kleine beginnt, mit den Zaehnen zu klappern, fahren wir schnell zurueck. Inzwischen ist es etwa halb zwei und wir haben fuer diese Zeit einen Mittagssnack bestellt. Viel gibt die Karte nicht her, also hatten wir uns fuer Pommes Frites, bunten Salat, und je ein Getraenk entschieden. Im oberen Stockwerk der Bar wird fuer un seine riesige Plastiktafel bereitet. Die offenbar erschoepften Kinder nehmen still daran Platz, warten hoeflich, bis jeder hat. Schon befuerten wir, wir haetten das Falsche bestellt, doch dann wird doch jeder Teller blitzeblank leergefuttert.  Ich fuehle mich an Kindergeburtstage erinnert, an denen wir frueher mit unseren Freunden auch Ausfluege gemacht und dann ungesundes Essen gegessen hatten, und das oefter mal Highlights des Jahres waren.
Nach dem Essen gehen die Kinder an den Strand zum Spielen, und Sarina und ich machen eine kleine Pause im Schatten. Dann verabschieden wir uns zu einem “Spaziergang”. Wir haben noch Geld uebrig und moechten den Kindern noch eine Kleinigkeit kaufen, von der wir hoffen, dass wir sie hier bekommen. Einen kleinen Fussmarsch entfernt durchstoebern wir den naechstbesten Supermarkt und finden einen grossen, 4-Liter-Container Schokoeis, Pappbecker und Plastikloeffel, und kaufen beim Markt vor der Haustuere noch zwanzig Bananen dazu. Den ganzen Kram schmuggeln wir moeglichst schnell (damit nichts schmilzt) zurueck an die Beachbar.
Und endlich grinsen die Kinder richtig! Eine grosse Traube bildet sich um uns, als wir unter Einsatz unseres Lebens (zerkratzte Kaende von splitternden Loeffeln undsoweiter) das zum Glueck noch nicht geschmolzene Eis ungeschickt auf 20 Schleckermaeuler aufteilen. Am Ende sind wir alle vollgeschmiert mit Schokolade, und mit zufriedenen Gesichtern.
Al suns Charles am Ende des Tages wieder an der Kreuzung absetzt, an der wir uns heute Morgen trafen, hoffen (und gleuben)  wir, 18 glueckliche Kinder fuer den abend nach Hause zu verabschieden.
Im Namen der Kinder und uns moechten wir Christine und ihren Spendern ganz herzlich fuer die Ermoeglichung des heutigen Tages danken! Vielen Dank auch fuer das Vertrauen zur Mittelverwaltung in mich. Ich hoffe, wir haben in eurem Sinne gehandelt!

 

 

 

Mittwoch, 25. April 2012

willkommen daheim

 
Richtig "kalt" ist es heute, Winter fuer kenianische Verhaeltnisse, vielleicht nur 24 Grad. Viel Regen kommt runter, schon heute Morgen weckt mich das Getrommel auf dem Dach, und die Wolken bleiben den ganzen Tag hartnaeckig haengen. Die Leute tragen zum Teil Fleecejacken. Ich freue mich zunaechst ueber die Abkuehlung, doch spaeter am Tag auf dem Weg ins hoeher gelegene und etwas kuehlere Kwale ziehe ich mir sogar meine coole rote Volunteer-Regenjacke an, die ich als Freiwillige beim Weltjugendtag im Einsatzpaket bekommen hatte. Man gewoehnt sich halt doch an die omnipraesente Hitze, und die sonnenverwoehnte Haut froestelt im kuehlen Wind.

 
ein Willkommensgruss fuer die Heimkehrer
Ich fahre zurueck ins Tsimba Childrens Home, denn heute kommen die Kids heim, die in den letzten Tagen ihre Familien oder naeheren Verwandten besuchen gefahren waren. Heute herrscht dort eine froehliche Atmosphaere. Gleich vier Kinder kommen mir lachend entgegen gelaufen, mehr sind auch noch nicht da.
Gleich am Anfang fuehre ich ein ganz langes Gespraech mit dem Heimleiter - da ist er gut drin, aber diesmal stoeren mich seine langen Ausfuehrungen nicht so arg. Wir stellen uns gut, und entweder ich bin ihm tatsaechlich sympathisch, oder er kann sehr gut so tun als ob. Umgekehrt genauso, ich will ihn kennenlernen und das am besten vorurteilsfrei, und je mehr er redet, desto besser geht das. Er erzaehlt mir viel ueber seine Zeit im Ausland - auf den Philippinen und in Isreal war er - und wie gewinnbringend es sei, fremde Kulturen kennenzulernen. Dass er aus Nairobi kommt und die Gegend etwas moralischer sei als hier die Kueste. Ich erzaehle ein bisschen von Deutschland, weil es ihn interessiert.
Danach gibt es Mittagessen - eine Erbsensuppe, die es auch in einem Festzelt auf irgendeinem deutschen Jahrmarkt genauso haette geben koennen, nur die Mettwurst fehlt. Ich mache den Abwasch. Charles weiss, wie er mir sagt, dass wir in Deutschland nicht alle eine Haushaltshilfe einstellen, die das Kochen und Abwaschen uebernimmt (denken aber natuerlich viele Kenianer, weil die reichen Einheimischen das ja auch haben). "Aber du hast eine Spuelmaschine zu Hause, richtig? Kannst du von Hand abwaschen?"
Er ist erstaunt, als ich ihm erklaere, dass unsere Studentenwohnung keine Spuelmaschine hat. Und er freut sich, dass ich mir offenbar nicht zu fein bin, das Geschirr zu spuelen, im Gegensatz zu einigen einheimischen Maedchen, wie er mir erklaert. Seinen eigenen Teller spuelt er uebrigens selbst.

 
Kelvin und sein Huhn
Kelvin hat aus den Ferien zu Hause bei der Oma ein junges Huhn mitgebracht, welches er nun in der Kueche anbindet. Das arme Tier ruckt ungluecklich an den Fesseln und verkriecht sich dann in der hintersten Ecke im Regal. Irgendwann wird es sicher dick genug sein und dann gegessen werden, und ich wundere mich, wie anders die Einstellung der Kinder hier zu diesem Thema ist. Ich haette nie ein Haustier von mir essen koennen.Doch die Kinder gehen mit dem Huhn nicht besonders freundlich um - es wird von allen Seiten inspiziert, und ich rette es gerade noch, bevor die etwas grobmotorische Mejuma dem Vogel vielleicht den Fluegel bricht, als sie neugierig darunterspaeht und feste die Federn nach hinten zieht. Zum ersten Mal halte ich ein Huhn auf dem Schoss, welches eigentlich ganz zutraulich dort hocken bleibt, und ich entferne ihm ein paar Zecken.
 
Zeckenentfernung
Gestern abend hatten Sarina und ich im Restaurant ein halbes Grillhaehnchen geteilt. Die Zubereitung hatte ewig gedauert und waehrenddessen waren bestimmt zwei Leute vorgefahren, die der Kueche ihre lebenden Huehner, ungluecklich auf dem Motorrad festgebunden, verkauft hatten. Ich betete, das keins davon bei uns auf dem Teller landen wuerde, und war mir sicher, dass ich in Deutschland keinen Bissen mehr runterbekommen haette. Aber hier sind die Dinge dann doch irgendwie anders. Das Huhn schmeckte toll - meiner Mutter am Telefon erzaehlte ich spaeter sehr zu deren Amusement, dass ich niemals in Europa ein so frisch und gut nach natuerlich aufgewachsenem Huhn schmeckendes Stueck Fleisch bekommen hatte, und das, obwohl die Viecher hier aussehen wie die Voegel, die das Fernsehen zeigt, wenn wieder irgendwo eine Oelpest ein Oekosystem zerstoert - verklebt, mager, dreckig, ausgesprochen haesslich und generell eher unappetitlich. Aber eben auch nicht mit Antibiotika vollgestopft, gemaestet und danach mit Wasser aufgespritzt. 
 
Wie viele Kenianer braucht man, um eine Gluehbirne zu wechseln?
Nach und nach trudeln mehr Kinder im Heim ein, wir spielen Seilchenspringen (wieder wundern sich welche, dass ich das kann) und Schweinchen in der Mitte mit einem aus Plastiktueten und Schnur improvisierten Ball. 
Manche Kinder waren offenbar beim Frisoer und haben nun tolle Langhaarfrisuren, gerade Christine wird von allen bewundert. Die Stimmung ist heute gut. Die Kinder begruessen sich froehlich, die Jungs spielen endlich wieder gemeinsam Fussball, und waehrend ich in der Kueche beim Vorbereiten des Abendessens helfe, herrscht dort ausgelassene Stimmung anlaesslich des Wechsels einer Gluehbirne, was erst im dritten Versuch endlich klappt.
Einige Eltern kommen mit ihren Kindern zurueck und halten dann Gespraeche mit der Heimleitung zur Entwicklung der Kinder. Ich erfahre zum ersten mal, dass auch Kinder da sind, die mit dem Ziel der Verbesserung der schulischen Leistungen im Heim sind, da sie sich zu Hause nicht auf ihre Bildung konzentrieren koennen. Unwillkuehrlich denke ich an deutsche Eltern, die dem Nachwuchs drohen mit "Tu dies und das, oder du kommst ins Heim!", aber ich glaube, die Sachlage ist hier eine ganz andere.

Als es dunkel wird sind dann alle da, bis auf einen, der sich fuer morgen frueh angekuendigt hat, und ich fahre wieder nach Ukunda ins neue Zuhause, denn ich habe die einzigen Schluessel dafuer. Heute ist Sarinas erste Nacht im neuen Haus, ihrer ersten, eigenen Wohnung, und darauf stossen wir mit einem guten Schluck Mineralwasser an.Genau wie die Kinder im Heim schlafen wir heute endlich alle mal wieder zu Hause.
 

Dienstag, 24. April 2012

Scheidungskinder

 
Ich moechte hiermit meinen Eltern dafuer danken, dass unsere Familienverhaeltnisse immer harmonisch waren. Wirklich und wahrhaftig. 
Schon nach nur zwei Wochen, und obwohl ich volljaehrig und kein leibliches Kind der Familie bin, werde ich der familiaeren Situation der Gastfamilie ueberdruessig. Die Kinder tun mir leid, aber ich habe das Gefuehl, ich bin im Haus der Familie fehl am Platz, gehoere nicht dort zwischen die Fronten, wo sich zwei Partner nicht richtig einig werden koennen.

Fuer Sarina und mich suche ich deshalb eine neue Wohnung. Und wir haben wahnsinniges Glueck.
Es ist noch nicht allzu lange her, dass ich die Strasse entlangspazierte und mir aus einem Auto jemand in perfektem Deutsch nachrief, ob ich vielleicht Deutsch spreche? Ich hatte die Person kaum gesehen, denn es war bereits dunkel und die Person ebenfalls (ich habe gelernt, dass, waehrend wir mit heller Hautfarbe im Winter weiter ausbleichen, die Afrikaner in der Kaelte nachdunkeln). "Ja", hatte ich gesagt, trete ans Fenster und wir unterhalten uns eine Weile. Die Person heisst Ossman, und er kommt aus Ukunda, lebt aber schon seit ueber 22 Jahren in Deutschland. "Wo genau?", will ich wissen, und er erzaehlt mir etwas von der Naehe von Koeln, und einem Braunkohlekraftwerk. "Niederaussem?", frage ich, denn in der Naehe wohnen meine Eltern und bin ich aufgewachsen. Ossman nickt, jetzt aber wohne er in Bruehl, sagt er. Kenne ich auch. Da gibt es einen Freizeitpark mit afrikanischer Themenwelt, wo er gern essen geht, aber arbeiten tut er bei Renault. Alle zwei Jahre kommt er drei Monate in die kenianische Heimat. Ich fand es unglaublich toll, als wie klein die Welt sich wieder mal herausgestellt hat, und wir tauschen Telefonnummern und wollen uns nochmal treffen.

 
Sarina und...
... Ossman und ich mit Welpen
Dieses Treffen findet heute statt. Wir erzaehlen ihm irgendwann von unseren Umzugsplaenen, da stellt sich heraus, dass Ossman Apartments vermietet. Eine Stunde spaeter besichtigen wir eins, am naechsten Tag uebernehmen wir die Schluessel als Zwischenmieter. Der Hauptmieter hinterlaesst uns Bett und Esstisch. Die Matratze ist toll, und ich verbringe die erste Nacht alleine dort, denn Sarina faehrt ueber Nacht nach Mombasa. 
Ossman selbst wohnt in einem grossen Haus gleich dahinter, und er zeigt uns das ganze Grundstueck, seine beiden Schaeferhundewelpen und die grosse Veranda. Uns gefaellts.

Einzig die Reaktion der Gastfamilie truebt die Stimmung sehr. Wir hoffen, dass sich bald wieder alles beruhigt und hoffen fuer die beiden und die Kinder, dass sich alles schnellst- und bestmoeglich regeln laesst. Aber wir koennen ihnen nicht helfen, das haben wir vergeblich versucht, und uns erscheint der Auszug richtig.

Fuer Sarina ist es die erste, eigene Wohnung, und das will gefeiert werden. Aber erst morgen. 

Sonntag, 22. April 2012

Kaesespaetzle

 

 bisschen skeptisch schaut sie schon, Amy, unsere amerikanische Nachbarin, als wir beginnen, ihre Kueche gewissermassen zuzusauen. Aber sagen tut sie nichts, denn immerhin hat sie uns eingeladen, und wir haben den groessten Spass des Tages.
Ob wir uns sonntags treffen wollten um mal irgendein Gericht aus irgendeinem Teil der Welt zu kochen, hatte sie mir neulich angeboten und da ich ja gern koche, war ich natuerlich sofort dabei. Sarina laden wir noch dazu ein, und beschliessen, heute mit etwas Deutschem zu beginnen. Amy jedenfalls beschliesst das, denn sie ist neugierig. Ich stehe wieder vor dem Problem, mir etwas Deutsches ausdenken zu muessen, ohne Schweinefleisch, weil es das hier nicht gibt, und moeglichst auch ohne andere unverfuegbare Zutaten.
Auf dem Heimweg gehe ich in den Supermarkt und suche nach Lebensmitteln fuer Kartoffelsalat mit Wuerstchen - deutscher gehts ja wohl nicht.
Doch Mayo, Guerkchen und co sind teure Importware, und deshalb disponiere ich um und besorge nur die Wuerstchen, ausserdem Eier, Mehl, Zwiebeln und Kaese, und dann machen wir eben Kaesespaetzle.

 
Amy und ich bei den Vorbereitungen
Amys Kueche ist super ausgestattet. Auch wenn ihr Haus zu unserem baugleich ist, sieht es doch ganz anders dort aus, weil sie sich doch mit einem kleinen, westlichen Touch eingerichtet hat - und so zum Beispiel auch eine Kaesereibe besitzt. Auf eine Idee kommt ein Kenianer Mangels Kaesekonsum (ich habe bisher wenige getroffen, die Kaese moegen) eher selten. Ausserdem hat sie einen Gaskocher, der das Kochen mit zwei Toepfen gleichzweitig ermoeglicht. Die Wuerstchen brutzeln schon froehlich, und Sarina schnippelt Zwiebeln (danke, denn das kann ich absolut nicht, ich heule noch zwei Stunden spaeter wenn ich mit ‘ner Stange Porree kurz im selben Zimmer war) waehrend ich den Spaetzleteig zusammenruehre
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die improvisierte Spaetzlepresse
Ich hab zwar ueber fuenf Jahre in Baden-Wuerttemberg gewohnt, aber so ganz der Experte fuer Spaetzle bin ich nicht. Zu lecker ist die Frischteigvariante aus dem Kuehlregal gaengiger Supermarktketten. Aber richtig schwer ists ja auch nicht - gut mit dem Holzloeffel schlagen, hat man mir beigebracht, also versuche ich das mal. Hochleistungssport ist das, bei der Hitze! Zum Glueck hat Amy einen Ventilator. Das Einzige, was sie nicht hat, ist eine Spaetzlepresse. Aber das waere ja auch zu viel des Guten. Ich habe keine Lust, fuer sechs Leute Spaetzle vom Brett zu schaben, deshalb wird improvisiert. In einen leeren Margarinekarton werden unten Loecher gebohrt, Teig hineingefuellt, und mit einem zweiten Karton von oben durchgedrueckt. Im dritten Versuch, nach viel Verduennen des Teiges und einem schoenen Spaetzleteigtropfenmuster in der halben Kueche klappt es dann sogar ziemlich gut. War das Ingenieurstudium doch noch zu was gut :)
Wir fischen die fertigen, sogar nach Spaetzle aussehenden Wuermchen aus dem Wasser und brutzeln sie mit viel Butter, Zwiebeln und Kaese zusammen. Dazu machen wir Tomatensalat. Die Wuerstchen gibts als kleine Vorspeise, quasi zum Kosten, und natuerlich als Currywurst - kleiner Gruss aus deutschen Imbissbuden.

Da wir die Kueche saubermachen und die fertigen Speatzle auch besser aussehen als der Matsch davor, verliert Amy ihre Skepsis dann auch endlich, und ihr, ihrem kenianischen Mann, der kleinen Tochter, uns beiden Deutschen und zuletzt dem Wachmann, mit dessen Versorgung wir dran sind, schmeckt's offenbar so gut, dass am Ende alle riesigen Portionen ratzeputz weggefuttert sind

 .
 
stolze Koeche mit Endergebnis

Naechste Woche soll es dann etwas Mexikanisches geben, darauf freu ich mich total. Wir verabschieden uns aus der gemuetlichen Runde und gehen nach Nebenan, unser Nachtlager auf der Terrasse aufschlagen. Heute ist der Himmel wieder herrlich klar, und Amy hatte uns noch eine DVD ausgeliehen, die wir jetzt mit dem Laptop anschauen .

ich kann es gar nicht erwarten, die Bilder der Spaetzleaktion hier hochzuladen, bitte gebt mir da noch etwas Zeit. Bis dahin - guten Appetit!

Update vom 26.April: Die Bilder konnten erfolgreich hochgeladen und mein Blog aus dem Hebraeisch-Modus zurueckgeholt werden. Ich kann wieder in die “richtige” Richtung tippen, und bald dann auch hoffentlich ein Paar der unter erschwerten Bedingungen zu Stande gekommenen Tipp- und Formatierungsfehler beheben
 
 
 
 

Samstag, 21. April 2012

Gute Laune

 
Heute habe ich gute Laune. Ich habe naemlich einen Tag mal voellig abgeschaltet. Den Fehler hab ich offenbar gemacht die ganzen letzten Male, wo ich mal einen Abend am Strand oder im Restaurant war: Trotzdem ueber die Arbeit und alles nachgedacht. Heute jedenfalls war Urlaub angesagt - und das ist eine gute Sache. Ich bin jetzt etwas brauner, etwas blonder, deutlich entspannter und gelassener dem Gegenwind der letzten Woche gegenueber. Das Internetcafe tuts auch wieder, puenktlich zu dem Zeitpunkt, da zu Hause das Prepaid-Datenvolumen aufgebraucht ist. Die Seite, auf der ich meinen Blog schreibe, ist irgendwie auf Hebraeisch eingestellt und jetzt tippe ich von rechts nach links, weil ich es nicht umgestellt bekomme (evtl eigenartig anmutende Formatierung bitte ich deshalb bis zur Korrektur zu entschuldigen). Sonntag Abend geht's bei der US-amerikanischen Nachbarin zum Kochen - was Deutsches soll es geben. Seit langem habe ich mal wieder gescheit ferngesehen - Champions League, gestern in einer Bar auf Leinwand. Gute Neuigkeiten aus England gibt es auch, und dank Cortisoncreme jucken die 200 Mueckenstiche auch gar nicht mehr.
 
Ich sehe in Deutschland oefter mal Dokumentationen im Fernsehen ueber Aerzte ohne Grenzen oder aehnliche bewundernswerte Leute und die gehen fast immer nach ihren Arbeitstagen heim in ein Haus, das zumindest den ein oder anderen kleinen Luxus bietet: Eine Badewanne, einen Kuehlschrank mit einem Stueck Kaese drin, TV, vielleicht eine Klimaanlage. Mittlerweile glaube ich zu verstehen, dass dies kein seltsamer Widerspruch ist, sondern vielmehr motivierte Langzeitaufenthalte solcher Leute erst ermoeglicht. Die kleinen Pausen in den Refugien braucht man, um die Batterien wieder aufzuladen. Wir wuerden wahrscheinlich eingehen, wenn wir gezwungen waeren, das Leben zu leben, was fuer viele Leute hier leider die Realitaet ist. Aber das muss man sich auch erstmal eingestehen, denn ich persoenlich habe ein seltsames Gefuehl dabei, am Wochenende einfach raus an den Strand in die Oase zu fahren, waehrend die Leute, mit denen ich unter der Woche zu tun habe, in ihrem Alltag stecken bleiben - den zu verbessern ja Aufgabe meines Aufenthaltes ist. Aber auch das geht einfach besser mit guter Laune!
 
In diesem Sinne ein schoenes Wochenende!

Mzungu

 
Ich weiss nicht, ob sich der ein oder andere von euch mal gefragt hat, wie es fuer einen Schwarzen (oder Maximalpigmentierten, oder Mitbuerger mit afrikanischem Migrationshintergrund oder wie auch immer das zur Zeit gerade politisch korrekt heisst) ist, in Westeuropa ueber die Strasse zu laufen. Ich glaube inzwischen, angenehmer, als fuer einen Weissen hier. Denn bei uns zeigt glaub ich keiner mehr auf diese Leute und ruft "Schwarzer!", oder sogar das boese Wort mit N, oder sonst irgendetwas, so laut, dass die Person es hoert, und mit einem Tonfall, als laufe eine Zirkusattraktion durch den Ort.
Jedenfalls weiss ich inzwischen, wie es ist, herumzulaufen und sich zu fuehlen, wie ein bunter Hund, und nichts dagegen tun zu koennen.
Man lernt schnell, das Wort "Mzungu" herauszuhoeren aus dem Suaheligemurmel der Einheimischen, denn es ist das, was die meisten Leute, die Kinder, die Ladenbesitzer sagen, wenn man vorbeilaeuft, sie einen sichten und manchmal mit dem Finger zeigen. Meine gute Freundin, Frau Wiki Pedia, uebersetzt den Begriff woertlich mit "zielloser Wanderer', und meint, es waere die allgemeine Bezeichnung fuer Auslaender. Letztendlich laeuft es aber darauf hinaus, dass es nur die Weissen sind, die so genannt werden.
Am Anfang fand ich es niedlich, wenn die kleinen Kinder auf der Strasse gelaufen kamen und "Mzungu Mzungu" riefen, um die Geschwister anzulocken oder einfach, weil ich vielleicht ein nicht alltaeglicher Besuch war. Aber allmaehlich finde ich, dass mit zunehmender Dauer des Aufenthalts der Begriff immer mehr beginnt zu nerven. Wenn der Kassierer im Matatu mich am Arm packt, auf einen anderen Platz zeigt und mir sagt "Eh, Mzungu, go sit there", dann komme ich mir schon irgendwie diskriminiert vor gegenueber anderen Anreden wie "Madam" oder meinetwegen auch "Mama", die sonst so benutzt werden.
Als Weisser rennt man ohnehin schon mit einem unsichtbaren Schild auf der Stirn herum, auf dem geschrieben stehen muss "Hallo, hier bin ich, ich habe Geld, und ich kann es kaum erwarten es hier in grossen Mengen zu verteilen", jedenfalls nach der Art zu urteilen, nach der die erwachsenen Benutzer des Wortes Mzungu auf einen zugehen. Und jeder Fingerzeig verknuepft mit diesem Wort klingt so nach einem Hinweis auf dieses Schild, und ich beginne mich unwohl zu fuehlen.
Zum Glueck sind nicht alle so. Und ich glaube nicht mal, dass die meisten es boese meinen. Aber wenn man bei uns aufgewachsen ist und staendig die Debatten ueber Political Correctness, Nichtdiskriminierung und Gleichberechtigung mit anhoert, dann ist es schon seltsam, sich ploetzlich auf der anderen Seite zu befinden.
Zum Glueck besitzen wir Koelschen ja so etwas wie Selbstironie, und genauso, wie die Schwarzen in der Bronx sich selbst mit dem boesen Wort mit N bezeichnen duerfen, ist es auch vollkommen ok, sich selbst Mzungu zu nennen, wenn man eben einer ist - und ds ist ja nun eindeutig der Fall. Deshalb heisst auch der Blog so. Und deshalb sage ich dem Typen im Matatu auch, ich moechte einmal fuer zwei Mzungus bezahlen, bitte. "Du bist kein Mzungu", sagt er dann lachend zu mir, "du siehst aus wie eine von hier. Eine weisse Afrikanerin". Und er gibt mir soviel Wechselgeld zurueck, dass ich den gleichen Preis zahle wie die Einheimischen. Find ich gut.
 

Dienstag, 17. April 2012

 

Dampfbad

 
Sarina, die andere deutsche Freiwillige, die mit mir gemeinsam hier wohnt, und ich flüchten aus dem überhitzten Haus in den Innenhof. Das Wochenende ist vorbei und damit auch die Zeit am schönen, luftigen Strand, an dem ich den größten Teil des Sonntags verbracht hatte, nachdem Sarina und ich Sonntag morgen beschlossen hatten, brunchen zu gehen. Zu Hause hatte es, wohl als Entschädigung für das ausgefallene Frühstück anderntags, gebratene Toastscheiben gegeben, und wir mussten einfach kosten (lecker!), ließen den Großteil aber für die Kinder übrig und gingen selbst ein Omelette essen.

Jetzt sitzen wir auf der Terrasse und wünschten uns, wir könnten hier draußen schlafen. Ich bin etwas erkältet, trotz ständiger Einnahme von Antibiotika, huste irgendwelches Zeug herum, dessen Farbe und Konsistenz ich nicht näher beschreiben möchte, und habe als Ursache schwer das nächtliche Schwitzen im Verdacht.

Ich erinnere mich nicht mehr dran, wer es zuerst sagt, aber jedenfalls ist man zu zweit ja meist um einiges forscher als alleine und deswegen fällt uns recht schnell kein Gegenargument mehr ein, warum wir eigentlich nicht tatsächlich draußen schlafen sollten.
Zwei Minuten später liegt die Matratze im Hof. Ich versuche mir vorzustellen, wie meine Mutter reagiert hätte, wenn unsere Austauschschülerin auf die Idee gekommen wäre, ihr halbes Bett in unseren Garten zu verfrachten... aber die Dinge sind hier eben anders. Matratzen liegen reihenweise draußen im Dreck alias Laden, bevor sie gekauft werden, ebenso wie Betten und überhaupt alles, was man hier so erwerben kann und was, quasi als Neuware, schon dreckig und verstaubt zu Hause ankommt, ohne dass es irgendwen irgendwie stört. Wir befinden nach kurzer Begutachtung den Hof draußen für sauberer als das Bettgestell und halten die Maßnahme kurzerhand für gerechtfertigt - endlich eine Nacht ohne Schwitzen!

 
Mzungu Camp :)

Schnell dem Wachmann bescheid sagen, er solle sich nicht wundern, eine Tonne Moskitospray drauf und nichts wie rein in die Koje unter dem tollen afrikanischen Sternenhimmel. Eine komische Katze läuft noch umher und jagt eine Kröte, dann ist Ruhe, und ich schlafe wahnsinnig gut. Das mach ich ab jetzt öfter.

Am nächsten Morgen gegen sieben weckt uns erst die lachende Gastmama, dann leichtes Getröpfel, und wir verziehen uns wieder nach drinnen. Später am Vormittag mache ich mich auf in Richtung Kinderheim, ein gutes Stück entfernt von Ukunda im hügeligen Hinterland, wo ich ja eigentlich diese und die nächste Woche verbringen sollte. Doch dort angekommen gibt es Missverständnisse: Die Kinder sollten eigentlich in ein Taekwondo-Camp, dies jedoch fällt nun aus und infolgedessen wurde beschlossen, sie früher nach Hause zu ihren Verwandten zu schicken, sodass ab Dienstag das Heim weitgehend leer gefegt sein würde. Nach einigem Hin und Her beschließe ich, unter diesen Umständen erst wieder zu kommen, wenn auch die Kinder wieder da sind, und verlasse leicht irritiert und mit Sack und Pack das Heim wieder. Wo ich aber schonmal gerade in Kwale bin, besuche ich dort die Schule für Homöopathie, deren Schwesternschülerinnen beim Medical Camp dabei gewesen waren - eine wirklich schöne Einrichtung! Und Homöopathie hilft offenbar auch gegen meine Erkältung, jedenfalls probiere ich es aus.
Danach fahre ich wieder nach Hause. Favour ist irritiert, dass ich schon so schnell wieder da bin, und ich auch. Zum Glück habe ich eine Menge Ideen, wie ich mich den Rest der Woche vor Ort nützlich machen kann.

Aus einer zweiten Nacht im Freien wird allerdings nur bedingt etwas. Gegen vier Uhr morgens setzen die heftigsten Regenfälle ein, die ich seit Ankunft hier erlebt habe - die Geräuschkulisse auf dem Blechdach klingt nach Weltuntergang und ich bin positiv überrascht, dass morgens das Haus nicht unter Wasser steht. Als wir aufstehen (spät), ist das meiste Wasser schon in der heißen Sonne verdampft, und die Luft ist schwer und stickig von der Feuchtigkeit, so wie in einem Dampfbad.
Ich beschließe, den Tag meiner völligen Genesung zugute kommen zu lassen, und fahre mit einem Abstecher an einer herrlichen Saftbar (Riesengläser voll kühlem, frisch gepressten Obstsmoothie für 50 Cent!) in einen Day Spa eines Hotels am Strand. Nach dem ganzen Chaos im Kinderheim, zu Hause (beide Gasteltern wollen und wollen doch nicht in Urlaub fahren, die Kinder mitnehmen oder auch nicht, und können sich nicht einigen oder eine klare Aussage machen) und in meiner Lunge finde ich das gerechtfertigt, auch wenn heute eigentlich ein Arbeitstag wäre. Nun denn, ab morgen kann ich ja wieder durchstarten.
Den Tag jedenfalls genieße ich sehr. Der Eintritt ist günstig in ein Paradies bestehend aus üppig grüner Vegetation, kleinen Bachläufen und Pools dazwischen mit balinesischen Betten inklusive Dach und Polstern, klimatisierten Räumen, einem Fitnessraum, Pool, Sauna, und einem tatsächlichen Dampfbad, welches den unglücklichen Bronchien einfach irrsinnig gut tut. Es läuft entspannende, ruhige Musik mit einem definitiv asiatischen Klang, und nachdem ich mich frage, warum sie nichts Heimisches spielen, dämmert mir, dass es in Afrika keine (oder zumindest wenig) entspannende Musik gibt. Hier pulsiert das Leben ständig, und genau deshalb ist diese Auszeit heute so besonders. Ich halte mich für völlig irre, bei über dreißig Grad Außentemperatur eine Sauna zu betreten, und tue es aus Neugier trotzdem. Darin knarzt es, und es riecht nach Winter in Deutschland. Ich denke an das Europabad in Karlsruhe, oder die Parksauna Bergheim, oder diese anderen Bäder, in denen man an kalten Tagen daheim schöne Stunden verbringen kann und bleibe dann doch einfach drin, weil ich mich so wohl fühle. Der Vorteil ist, dass die Außentemperatur im Vergleich danach angenehm kühl ist, und der Pool erst recht.
Und wem muss ich dann natürlich noch über den Weg laufen? Der Leiterin meines ersten Projekts. Aber selbst das ist ok, wir unterhalten uns eine Weile und gehen dann getrennte Wege.
Am Ende des Nachmittags fühle ich mich sauber, gesund, entspannt, ausgeglichen und voll neuer Energie für den Rest der Woche. Und da ich mir heute Abend einen Laptop von der Nachbarin leihen konnte, habe ich auch noch eine Menge für den Blog schreiben und so doch noch ein bisschen etwas für das Projekt tun können. Also alles in Butter, oder?

 

Samstag, 14. April 2012

 

Hochzeit!

 
Zum ersten mal seit langem verlasse ich das Haus ohne Kopfbedeckung, und mit nackten Unterschenkeln, dafür in den hübschesten Klamotten, die ich dabei hab (was nicht viel heißt). Ich fühle mich unwohl.

Unterwegs bin ich heute mit der anderen Freiwilligen in meinem Projekt, und wir sind gleich auf zwei Hochzeiten eingeladen, mit dem ehrgeizigen Vorhaben, es auf beide zu schaffen. Zuerst geht es nach Ukunda; es heiratet unsere Kollegin Sofie, eine Lehrerin an der Busara Junior, und ich bin sehr gespannt, wie eine Hochzeit hier in Afrika aussieht.


 
die ersten Gäste schlafen ein, während wir warten
Zunächst mal offenbar so wie alles andere in Kenia: Leer. Um 10 sollte die kirchliche Zeremonie beginnen, wir sind um halb elf weitgehend die ersten Gäste. Ein paar Kinder laufen schon herum, und vor der Tür werden fleißig mehrere Pötte Pilau zubereitet. Aber die Kirche - ein großer Raum von der selben Bauart wie die umgebenden Häuser und von außen nicht als solche zu erkennen, heute aber ausgestattet mit Podest, Rosa-Schwarzer Deko, jeder Menge Plastikstühlen und Band - ist noch ziemlich leer. Um halb zwölf gehen wir nebenan einen Tee trinken und Chapati essen. Kurz nach 12 trifft die Braut ein, sogar im Auto, mit jeder Menge Brautjungfern, alle in Rosa. Vermutlich hat die Übergabe der Kuh, die der Ehemann in Kenia offenbar den Brauteltern schenken muss, heute morgen zu lang gedauert. In der Kirche werden seit einer Stunde Gospl gesungen, und die Leute haben noch immer gute Laune nd tanzen. Langsam, ganz langsam endlich schreitet die Braut flankiert von ihren Eltern in die Kirche. Für die paar Meter von der Tür bis auf die Bühne braucht sie bestmmt 20 Minuten. Wir langweilen uns. Die Brautleute nehmen jeweils mit ihren Familien gegenüber voneinander an verschiedenen Enden der Bühne Platz. Und endlich sieht es so aus, als würde etwas passieren, doch - wieder Gesinge, Gospel, Warten.
das Auto sieht ein bisschen fehl am Platz aus, aber schick!    
Wir beschießen, die Hochzeit zu verlassen und auf die zweite Hochzeit nach Mombasa zu fahren. Die Fahrt dauert die übliche Dreiviertelstunde, inklusive Ferry. Und dann erreichen wir die Frau nicht, auf die wir angewiesen sind, um den Ort der Hochzeit zu finden. Deshalb gehen wir erstmal in einer Saftbar ein tolles Obstshake trinken. Als wir endlich rauskriegen, wo wir hinmüssen, nehmen wir ein Tuk Tuk, dessen Fahrer uns versichert, er wisse wohin, und sich dann doch verfährt. Nach langem Gefrage findet er den Ort - und beruhigt uns die ganze Zeit, wir müssen keine Angst haben, denn er passe auf uns auf. Dass wir bester Laune sind, entgeht ihm völlig. Wir erzählen ihm Märchen, wo wir herkommen, und er erzählt uns, wie arg er schon immer dorthin wollte.
Das zweite Brautpaar hat offensichtlich einiges mehr an Geld in die Zeremonie investiert als das erste. Die Halle ist riesig und voll mit gut gekleideten Leuten. Wir müssen uns ganz nach vorn setzen, wo unsere Gastmutter und die beiden Kinder sind. Das Essen und die eigentliche Trauung haben wir verpasst, Mist! Gerade sind sie beim Anschneiden der Hochzeitstorte. Unter Lobpreisungsgesängen für den Kuchen funktioniert das in etwa wie in Deutschland auch: Mit einem Messer und zwei Händen. Zwei schöne, vasenförmige Teile des modularen Kuchens werden zunächst den Elternpaaren überreicht, der Rest aufgeschnitten und mit der Gabel den übrigen Familienangehörigen direkt in den Mund gesteckt. Die anderen Gäste bekommen im Anschluss ein etwa zwei Kubikzentimeter großes Stück des Rührkuchens in Folie verpackt, aber lecker schmeckts doch. 
Anschneiden der Hochzeitstorte
Dann erfolgt die Geschenkübergabe unter großem Gesinge und Getanze, zuerst ist wieder die Familie dran, und die Brautleute bekommen Matratzen und Geschirr und Gas zum Kochen. Eine richtige, coole Big Mama tänzelt vor und übergibt mit dem dicken Hinterteil wackelnd lachend die Geschenke. Auch eine sehr alte Frau, bestimmt die Oma, tanzt noch locker mit. In Deutschland wäre sie mit dem Rollator gekommen, sicher.
Dann sind wir dran. Zum Glück hatte ich eine Kleinigkeit dabei. Ich umarme die mir völlig Fremden und wünsche ihnen alles Gute - und sie freuen sich über die Gäste aus der Ferne, sagen sie zumindest. Wer weiß, worauf sie hoffen zu stoßen, wenn sie unser kleines Päckchen auspacken...
Mit noch mehr Getanze und Gesinge klingt die Hochzeit aus. Die frisch Vermälten werden mit Girlanden behängt und durch die Halle getragen, dann ist offiziell Schluss. Ich freue mich, dass unsere Hochzeiten in Deutschland länger dauern. Aber hier reicht es jetzt auch.

Wir fahren zurück in die Stadt zum Abendessen, da wir ja um das Hochzeitsessen gebracht wurden (echt fies, denn in den schönen Schalen des Partyservices hatten wir noch Reste entdeckt). Ich genieße es, mal wieder in einer Stadt zu sein, und auch wenn Mombasa weder schillernde Hochhäuser noch Straßenbahnen oder Leuchtreklamen aufweisen kann, gibt es mir doch ein urbanes Gefühl. Ich liebe Städte. Es ist Wahnsinn, was eine Stadt einem alles bietet, und ich vermisse wirklich meine Heimatstadt 2011, Montréal, und ihr Leben. Ich bezweifle, dass Mombasa da mithalten kann, aber im Vergleich zu Ukunda ist es trotzdem eine Stadt, und heute hätte ich einen Tag in der Stadt gegen jeden Strand der Welt eingetauscht. Ich bin froh, hier zu sein. Es ist, wie einen Tag auszubrechen aus dem Arbeitsalltag und in eine Oase zu kommen, nur das diese Oase eben nicht aus blauem Wasser und Palmen besteht, sondern laut ist und stinkt und vor sich hinwuselt. Aber genau das brauche ich manchmal, und es ist toll. 

 
Fassaden von Mombasa

Wir gehen in ein Restaurant, schlendern über den Markt, und ich kaufe ein Kleid, das ich von 17 auf 6 Euro heruntergehandelt bekomme. Dann bummeln wir durch die Straßen und ich genieße einfach die Atmosphäre. Mombasa ist alt und dreckig, wie spanische Hinterhöfe, oder Nebenstraßen der Bronx oder schlimmer, aber es gibt ein paar Parks, hübsche Moscheen, größere Hotels. Die Straßen sind voll und chaotisch. Man fällt als Weißer nicht ganz so auf, wenn auch öfters mal ein Kind mit aufgehaltenen Händen vor mir auftaucht und dreist "give me money" fordert.
 

Ich wäre gern länger geblieben, doch als es dunkel wird, fahren wir zurück nach Ukunda und nach Hause. Meinen Kopf voller Ideen hätte ich gerne sofort für den Blog geschrieben, doch der längste Stromausfall seit ich hierbin macht diesen Plan zunichte. Erst bin ich frustriert, doch dann entdecke ich den Vorteil der allgegenwärtigen Dunkelheit: Heute ist ein unübertrefflich schöner Sternenhimmel zu sehen. Man erkennt Sterne, die man sonst nie sieht, in zu Wolken verschwimmenden Schwaden, die keinen Zweifel daran lassen, wo das Zentrum der Milchstraße liegt. Ich sitze auf der Terrasse und genieße (leider hat die Bar in der Nähe für ihre blöde Musik wohl einen Generator, sonst wäre es noch schöner gewesen). Als der Strom um eins immer noch nicht da ist, gehe ich schlafen. Morgen ist ja auch noch ein Tag.

 

Yvonne hat einen Sponsor!

 
Vielen, vielen herzlichen Dank der guten Seele, die sich so schnell als Sponsor für die kleine Yvonne aus dem letzten Post gemeldet hat. Ich freue mich so sehr für sie, und ich bin mir sicher, Yvonne und ihre Familie sind sehr, sehr dankbar. Weiter so!
 
 

Projekte

 
Als ich mich bei future for kids beworben hatte, das Projekt zu wechseln, hatte ich einen Link zu meiner Bewerbungswebseite geschickt. Das hatte zwei Dinge zur Folge: Zum einen wurde ich quasi über Nacht problemlos als neue Freiwillige angenommen, zum anderen hatte Philip, der Leiter der Diani Busara Junior School, angesichts dieser Seite wohl Folgendes geschlossen:
 
a) ich könne offenbar Webseiten zusammenbauen (was nur sehr eingeschränkt stimmt) und 
b) ich habe Erfahrung im Organisieren von Schüleraustauschprogrammen (so steht es auf dieser Webseite und das stimmt sogar).
 
Philip, derweil, ist auf dem besten Weg der neue Martin Luther King zu werden, so oft zitiert er mit verklärtem Blick dessen berühmte Zeilen "I have a dream". Er träumt wirklich von einer ganzen Menge, angefangen von einer Secondary School bis hin zur Uni, von Ruhm und Reisen, und es braucht eine Menge Leute, um ihn auf dem Teppich zu halten. Nun habe ich nichts gegen Erfindergeist und gute Ideen, aber ich kannte ihn kaum, am ersten Tag, als wir uns trafen, und schon wurde ich voll eingespannt in seine neueste Idee:
Er möchte eine zentrale Organisation gründen, um Freiwillige nach Kenia zu holen und dann hier auf verschiedenartige Projekte aufzuteilen. Und er sei überzeugt, dass ich die Richtige sei, ihm dabei zu helfen. Eigentlich möchte ich seine Euphorie ein wenig bremsen, als ich ihm erkläre, in welchen Grenzen ich so etwas nur für möglich halte, solange es eine Non-Profit-Sache bleibt, doch von Bremsen kann keine Rede sein. Ich kann Philip nicht mehr von dem Gedanken abbringen, dass ich genau der "Experte" bin, nachdem er gesucht hat. Wenige Tage später setzt er mich mit zwei Webdesignern zusammen, die eine entsprechende Internetpräsenz erstellen sollen, und ich habe meine liebe Mühe, zu erklären, dass eine Webseite nun wirklich der allerletzte Schritt ist, nachdem erst alle Informationen gesammelt wurden. Überdies verlangen die beiden einfach viel zu viel Geld. 
Ich lasse mich breitschlagen, die Webseite selber zu erstellen, unter der Bedingung, dass ich alle Projekte, die ich darauf verlinken soll, selbst besuchen und zur Not ablehnen kann. Und ich für das Projekt nachher keine Verantwortung tragen muss, kein Geld hineininvestiere und Philip sich zuallererst um seine Schule kümmert. Er schlägt ein.
 
Heute, Freitag, sind wir also verabredet, um so viele seiner ins Auge gefassten Projekte wie möglich zu besuchen. Ich trinke einen netten Kaffee (instant, aber besser als nichts) im Schatten des Rongai-Restaurants an der Hauptkreuzung Ukundas, während ich morgens um acht auf Philip warte. Er kommt in Begleitung einer Schulmitarbeiterin und zwei Motorradfahrern sowie eines Lehrers derjenigen Schule, an der wir das Medical Camp abgehalten hatten und welches auf meinen Wunsch hin in die Projektliste aufgenommen wurde. Diese Schule besuchen wir zuerst. 
Danach geht es weiter in ein Kinderheim, ein Zentrum für Drogenaufklärung und Rehabilitation, Mittagessen, dann in eine kostenlose Geburtsklinik und ein Zentrum für Gesundheitsvorsorge und Aids-Aufklärung. Es ist ein langer Tag, und ein richtig interessanter noch dazu. Mein Notizbuch wird immer voller, und auf meinem Fotoapparat türmen sich Bilder der Projekte neben Schnappschüssen der dazwischenliegenden Motorradfahrten durch das hübsche Hinterland und über Straßen, die ich sonst sicher nie gesehen hätte.
Mich beeindruckt die Leiterin des Kinderheims, die sehr spezifische Vorstellungen darüber hat, was in ihrem Heim so vor sich gehen sollte und welche Qualitäten ein Voluntär mitbringen muss. Sie weiß bescheid über ihre Schützlinge, sie stellt denen Wohl an allererste Stelle mit so vielen Beispielen und Zuneigung in der Stimme, dass man ihr einfach glauben muss. Und sie ist die erste hier, die ich treffe, die so klare Ansagen macht wie man sie aus Deutschland gewohnt ist, und während sich meine kenianische Begleitung offenbar Sorgen macht, wie ich damit zurecht komme, bin ich sehr zufrieden und habe den positiven Eindruck, mit der Frau könne man arbeiten.   
Auch das Zentrum für Drogenberatung ist sehr spannend. Ich erkundige mich nach allem Möglichen, doch leider ist die Zeit knapp bemessen. Deshalb möchte ich mir wirklich mal gern einen Tag Zeit nehmen, um mit den Leuten raus in die Schulen und in die Slums zu fahren, um dort Präventionsmaßnahmen gegen Drogenmissbrauch, Prostitution und HIV zu betreiben, weil ich das für so wahnsinnig wichtig halte. 
Letztlich die Geburtsklinik - Wahnsinn, mit welch geringen Standards hier gearbeitet wird und wie es trotzdem so viel besser ist als ein Baby einfach so auf dem Feld zu bekommen. Das ganze Besteck, was herum liegt, sieht unhygienisch braun aus, doch mir wird versichert, dies käme alles vom Chlor, mit dem hier desinfiziert werde. 94 Kinder seien diesen Monat schon zur Welt gekommen, erklärt die Oberschwester glücklich, das letzte vor vier Stunden, und die Mutter sei schon gegangen. Ich glaube ja, dass die Leute in Afrika ihre Kinder noch viel einfacher bekommen können als wir in Europa, wo es ständig Komplikationen gibt, oder in Asien, wo de facto jede Geburt ein Kaiserschnitt ist. Aber wenn es anders wäre, hätten sie hier auch ein Problem. Kaiserschnitt ist nicht drin, denn einen OP gibt es nicht. Es gibt überhaupt nicht viel; die Dame erklärt mir, wie sehr sie sich über eine Spende einer Kiste Gummihandschuhe freuen würde, oder dieser kleinen manuellen Pumpen, mit denen man Säuglingen das Nasensekret absaugen kann. Wer dies hier also liest, bald nach Kenia kommt und einen netten Doktor kennt: Ihr wisst, was ihr zu tun habt!
Draußen tummeln sich Leute - Frauen bringen ihre Kleinkinder zu Vorsorgeuntersuchungen, die Babys werden gewogen und geimpft. In einem anderen Gebäude ist Betreuung angesagt - Mütter, die vor kurzem eine positive HIV-Diagnose verkraften mussten, werden medizinisch und (pseudo-)psychologisch (natürlich ist kein ausgebildeter Psychologe vor Ort, sondern Freiwillige) betreut. Oberstes Ziel ist es, der Mutter ein weitgehend normales Leben zu ermöglichen und zu verhindern, dass die Krankheit auf das Ungeborene übertragen wird. 
 
Ich habe schon den Eindruck, dass es keine schlechte Idee von Philip ist, all diesen Projekten Freiwillige zukommen zu lassen (bzw genauer gesagt, über eine zentrale Seite zukommen zu lassen, denn natürlich haben sie alle schon ab und an mal jemanden da). Ich jedenfalls hätte in jedem der heute besuchten Projekte angeheuert :) Vielleicht werde ich das ein oder andere auch nochmal zumindest einen Tag besuchen, doch letztendlich, denke ich, bin ich in der Schule schon gut aufgehoben. Ich mag die Arbeit mit den Kindern, und ich hoffe, ich kann ihnen etwas beibringen und ihnen damit helfen, einen Grundstein für ihre Zukunft zu legen. Doch natürlich sind hier noch so viele andere Dinge im Argen, dass es schön ist, zu sehen, wie viele Leute es hier gibt, die sich engagieren diese Dinge zu verbessern.
 
Ein ereignisreicher Tag geht zu Ende. Ich muss noch nach Downtown Ukunda, ein Hochzeitsgeschenk für morgen kaufen (das hat man mir in letzter Sekunde gesagt, und ich bin froh, dass mich meine ehemalige kenianische Kollegin Winnie begleitet, die weiß, was man hier zu solchen Anlässen besorgt und was nicht), dann fahre ich heim und - die Tatsache, dass Freitag Abend ist ignorierend - falle ins Bett.     Das Wochenende kann kommen.
 

aufgrund eines Mangels an verfügbaren Computern, Internet mit gescheitem Datenvolumen bzw. Internet allgemein werden Bilder zu diesem Post erst in den nächsten Tagen zugefügt werden können. Ich bitte um Entschuldigung 

Bollywood

 
 
Ich persönlich finde ja, man kann mir nicht vorwerfen, dass ich pauschale Vorurteile gegen irgendwelche Volksgruppen hege. Aber wenn ich nicht bald einen vernünftigen Inder treffe, ist es bald passiert.
Nachdem ich einen guten Teil des Jahres 2011 mit einem zusammen leben durfte, der erst der festen Überzeugung war, die Strahlen meiner Mikrowelle (keinesfalls aber die seines Handys) killen die mühsam durch Yoga am Laufen gehaltenen Energieflüsse in seinem Körper und mich anschließend um einen Monat Miete beschiss, konnte heute endlich der Wanderpokal des irrsten Inders mit Pauken und Trompeten weitergereicht werden.
 
Heute hab ich etwas früher Feierabend gemacht und bin zum Impfen ins westliche Palm Beach Hospital gegangen. Da mein Abflug hierher relativ kurzfristig war, hatte nicht die gesamte Gesundheitsvorsorge mehr in den Zeitplan gepasst, und wird nun einfach hier zu Ende gebracht. Ein bisschen übertrieben finde ich sieht es aus, für eine simple Impfung ins beste Krankenhaus der Stadt zu gehen, aber was solls. Ich werde gut behandelt und ca. 20 anderen wartenden Patienten vorgezogen. Etwas besorgt denke ich an die Rechnung. Der Tollwutimpfstoff samt Verabreichung in Deutschland hatte um die 70 Euro gekostet. 100 hab ich mit und hoffe, es reicht, da für Weiße hier ja schließlich immer alles teurer ist. Glücklicherweise kostet es dann nur 20 Euro, plus 2 Euro Behandlungsgebühr. Das Zeug kommt aus Indien und hat einen anderen Namen als mein Impfstoff der ersten beiden Dosen. Ich lese viermal die Packungsbeilage und frage ebensooft nach, ob es auch wirklich prophylaktisch ist und nicht etwa die Therapie für nach dem Biss. Das Päckchen sieht aber Vertrauen erweckend aus, alles schön und steril verpackt inklusive Spritze und Kanüle (hatte ich zur Sicherheit auch selber mit). Die Krankenschwester pfeffert die erste Dosis vom Tisch und sie zerbricht. Ich bekomme eine neue, und siehe da, sie stellt sich mal deutlich besser an als unser komischer Dorfdoktor, bei dem ich mangels Alternative vor Abflug war und bei dem ich mir sicher bin, dass er zum Impfen vergessen hat, die grosse Nadel zum Aufziehen der Spritze gegen eine dünne auszutauschen.
 
Und an dieser Stelle kam der Inder auf den Plan. Im Krankenhaus in Ukunda natürlich, nicht beim Dorfdokter in Köln. Der Zahnarzt, dem ich zum Teil letzte Woche beim Medical Camp in der Buschschule assistiert habe, hatte mitbekommen, dass ich im Krankenhaus war, in dem er auch arbeitet, und kam vorbei, um bei meiner Behandlung zuzuschauen. Und machte einen sinnvollen Vorschlag: Angesichts der kreislauffeindlichen klimatischen Bedingungen außerhalb des Gebäudes könnte ich mich eine halbe Stunde im Gemeinschaftsraum der Ärzte ausruhen, der ein paar bequeme Sofas, Zeitschriften und eine Klimaanlage habe. Klingt vernünftig, oder? Ich gehe also auf das Angebot ein. Als nächstes passiert etwas sehr Seltsames, das entweder mit Schizophrenie, Zauberei oder aber mit dem zu tun hat, weswegen mir Inder allmählich suspekt werden: Ein seriöser (mit kleinen Abstrichen für das indische Kopfgewackel), in Anzug und weißen Kittel gekleideter Zahnarzt verlässt das Zimmer, und etwa eine Viertelstunde später kommt der selbe Mann zurück, und hat sich doch in eine eigentümliche Witzfigur verwandelt. Er hatte offenbar geduscht und trägt jetzt nur noch ein Handtuch zu einer Art Lendenschurz gewickelt. Und er hat eine brillante Idee: Ich könnte doch mit auf sein Zimmer kommen und bei ihm essen, baden, und schlafen. Ich komme mir vor wie im falschen (Bollywood-)Film. Mental kratze ich mich eine ganze Weile am Kopf, kneife mich, mache ein paar mal die Augen auf und zu, um zu sehen, ob der Inder vielleicht verschwindet (was er nicht tut) und lehne dann – überraschenderweise – dankend ab. Das scheint den bestimmt Vierzigjährigen arg zu kränken. Er ergreift und küsst meine Hand, beginnt zu weinen, und beteuert, ich sei die Liebe seines Lebens. Ich erkläre ihm, die Liebe meinesLebens säße in Deutschland und das sei ja nun leider, leider für ihn ein gewisses Problem. Doch so ein Problem ist meinem indischen Verehrer offenbar völlig fremd. Ich wundere mich, hatte ich doch gedacht, auch in Indien gäbe es ein Konzept von Partnerschaft und Beziehung, und ich bin mir auch immer noch sicher, dass ich nicht allzu falsch liege. Entgeistert schaut er mich an und meint doch unverblümt, es ginge doch schliesslich nur um Sex? Er würde sich wünschen, falls er mal eine Frau hätte, dass die ihm Spass im Urlaub erlauben würde, und ob ich meinen Freund daheim nicht mal anrufen und um Erlaubnis fragen wolle. Besagter Freund sollte sich nachher, nachdem er sich von seinem Lachanfall erholt hatte, bedauernd äußern, dass ich das nicht auch gemacht habe. Dafür war ich allerdings zu irritiert. Ich floh unter Vorwänden in einen Teil des Krankenhauses, in dem sich mehrere Leute aufhielten, den Verehrer weiter auf den Fersen, flehend, ich möge doch bleiben, mindestens noch eine Stunde, und bettelnd um meine Telefonnummer. Da ich sie ihm nicht gebe, gibt er mir seine. Dann bin ich frei, und die Nummer landet im Müll.
 
Unter der hoffnungsvollen Annahme, dass ich hier nicht mehr krank genug werde, um ins Hospital zu müssen, hätte jetzt alles vorbei sein können – wäre da nicht die Sache mit dem T-Shirt. Das hatte ich beim Medical Camp dabei gehabt und als Kopfbedeckung genutzt, später mal ausgezogen und verloren. Und ich weiss, dass der Zahnarzt es hat. Ich hab ihn danach gefragt und er meinte, er habe es gefunden, mitgenommen, aber die Putzfrau hätte es weggeräumt und ich müsse nochmal kommen, um es zu holen. Ja nee, ist klar. Ein besonders tolles T-Shirt ist es nicht, aber mich macht die Vorstellung unzufrieden, wie er möglicherweise nun abends daran schnüffelt oder weiß Gott was noch damit treibt.
Und jetzt kommt meine Lieblingsgeschichte der ganzen Woche: Ich bin unterwegs quer durch Ukunda mit Philip, dem Schulleiter der Busara Junior, und Herrn Dr. Alexakis, seineszeichens ebenfalls Zahnarzt und Mann von Birgit, der Vereinsvorsitzenden. Als wir am Krankenhaus vorbeikommen, frage ich, ob es vielleicht möglich wäre, dass sie mir helfen, das Shirt zurückzubekommen, da ich alleine dort nicht mehr rein wolle. Und Herr Alexakis fährt sofort ran, spaziert schnurstracks rein und erzählt einem Typen, der sehr nach Manager aussieht, energisch, seine Tochter (er zeigt auf mich) habe ein T-Shirt beim Zahnarzt verloren und möchte es zurück. Der Inder kommt und fällt fast in Ohnmacht, jammert, die Putzfrau habe das Shirt weggeworfen und bekommt im Gegenzug einen Anschiss vom Manager, dass Patienteneigentum in diesem Krankenhaus niemals wegkäme. Ich muss grinsen. Der Manager verspricht anzurufen, sobald das Shirt da ist, oder sie werden es ersetzen. Da ich meine Telefonnummer nicht geben möchte, übernimmt auch das mein „Pseudopapa“. Am nächsten Tag in der Schule überreicht er mir mein Shirt. „Der Verehrer war sehr traurig“, meint er. Mein Mitleid hält sich in Grenzen. Das Shirt ist frisch gewaschen, hat ein paar blaue Flecken, riecht frisch. Ich hoffe, ich begegne dem Kerl nicht mehr auf der Straße – immerhin sehen wir beide hier auffallend aus. Zum Glück werde ich bald umziehen. Und ich überlege, ob ich nun erst recht mal nach Indien fahren muss, um mich davon zu überzeugen, dass es da auch normale Leute gibt (immerhin gibt es ne Milliarde!), oder ob ich mich erstmal von dort fernhalten sollte, falls ich Pech habe und es nicht so ist J Das ist natürlich Spaß. Aber für heute habe ich dennoch die Schnauze gestrichen voll von Indern, und deswegen gibts zum Abendessen auch kein Chapati, Samosa oder Masala Chai, sondern kenianisches Pilau. Und das, obwohl kenianische Männer ja keinen Deut besser sind. Dazu später bestimmt mehr.
 
Ich danke Antonis Alexakis herzlich für diese supercoole Aktion und die Wiedergewinnung meines T-Shirts!
Und an meinen lieben Schatz zu Hause: Yasin, ich hoffe, du weisst, wie arg ich schätze, was wir beide nun schon so lange aneinander haben, insbesondere angesichts der ganzen Oberflächlichkeit in diesem Land. Ich umarme dich fest und liebe dich sehr. 
 
 
 

Abschied

 
Heute Nacht ist ausnahmsweise mal ruhig gewesen. Das Kleinkind hat wenig gebrüllt, die Gastmama nicht nachts um drei telefoniert. Das einzige, was stört, ist die Hitze. Durch das Kochen mit offenem Feuer sind in der Bude bestimmt an die 40 Grad. Ich schwitze so arg, dass ich mich zweimal umziehe diese Nacht. Als ich aufstehe, gibt's kein Frühstück - Geld für Brot, Butter und Milch war nicht da, und der Familienvater hatte versäumt, die Lebensmittel vorbei zu bringen. Auf der Suche nach einem Chapatistand auf dem Weg zur Schule verlaufe ich mich und komme erst nach einer Stunde Geirre durch den Busch erschöpft an.
Eigentlich habe ich einen verdammt guten Orientierungssinn - ich finde mich in jeder Stadt sofort zurecht, und diejenigen, die ich letzten Sommer durch Toronto und Montreal gelotst habe, werden das bestätigen. Aber hier rennt man andauernd in irgendwelche Sackgassen, und obwohl man die Richtung kennt, in die man will, kommt man durch das Hinterland einfach nicht durch, wie in einem Labyrinth.


 
der Brunnen mit fließendem Wasser!  
In der Schule ist Birgit schon da und wir beschriften Schulbänke und Tische mit den Namen der Sponsoren. Die danach mit Lackstift bekleckerten Finger können erstmals unter fließend Wasser gewaschen werden, wofür die Rohre in den letzten Tagen endlich gelegt wurden. Viele Eltern sind heute in der Schule und holen die Zeugnisse ihrer Kinder ab. Ich treffe nochmal den Vater der 10 Kinder vom Hausbesuch, und er hat seine Tochter, meine Namensvetterin, dabei. Sie ist sehr schüchtern, die Haare sind kurz, weil das Geld für den Frisör fehlt, und sie sieht aus wie ein Junge, aber sie lacht sofort, als wir sie fotographieren. Ich frage sie nach ihrem Lieblingsfach. "Mathe", sagt sie. Sehr sympathisch. Ich hoffe sehr, dass sich bald ein netter Sponsor für sie finden lässt!
 
die kleine Yvonne (im Vordergrund, nicht ich) sucht  einen Sponsor!      


Ein anderer Namensvetter, der kleine Yasin, hat mehr Glück im Leben. Heute tippe ich ihm am PC auf offiziellem Schulpapier einen Brief ab, der bescheinigt, dass er den Mai über nicht zur Schle kommen muss, weil er nach Deutschland fliegen darf. Leider sieht der Brief nicht offiziell aus, da die schwarze Tinte aus ist und wir blaue nehmen müssen. Das sollte dem Kleinen aber egal sein.

Dann fahre ich zum letzten Mal mit Birgit und Familie in den Marula Park, denn die Familie reist heute Nacht noch ab, und nimmt mich zum Abschied nochmal mit. Mit den Nachbarn Tina und Jürgen fahre ich später noch eine Runde nach Ukunda, um einfach nur durch die Straßen zu spazieren. Wir wählen die Gegend, in der ich bis zu meinem Umzug gewohnt hatte, und obwohl der Ausflug kurz ist, freue ich mich, durch die gewohnte Umgebung zu schlendern. Im Gegenzug für die "Stadtführung" benutze ich nun gerade den Laptop der beiden - und Abendessen gabs auch. Ich finde, das ist ein Superdeal - danke an die zwei!

Apropos Abendessen - gestern gabs doch kein Pilau mehr, denn die beiden Mädels, die abgereist sind, waren am Strand zum Fisch essen. Es war noch früh und ich hatte auf einmal auch wahnsinnige Lust, an den Strand zu fahren, ins Kühle, und dort etwas Gescheites zu essen, also fuhr ich kurzerhand in die Strandbar und bestellte mir verschämt ein Stückchen Rinderfilet mit Kartoffelbrei für acht Euro. Die folgende Geschmacksexplosion nach Wochen Ugali un Bohnen katapultierte meine Geschmacksnerven in den siebten Himmel, und ich guckte sehnsüchtig über das Wasser und wünschte mir Gesellschaft, um diesen Abend zu teilen. Zum ersten mal seit langem, und ganz bestimmt zum ersten mal nach nur drei Wochen Abwesenheit, verspürte ich ein ganz kleines bisschen Heimweh. Ich spazierte den Strand hinunter unter dem tollen Sternenhimmel und dachte an das, worauf ich mich freuen werde, wenn ich im Juni wieder nach Hause komme. Und dann dachte ich an das, worauf ich mich hier noch freue in den kommenden acht Wochen. Das ist schließlich auch schön! 
Um acht kamen die Mädels von Fischrestaurant zurück und sammelten mich mit dem Motorrad ein, um den Rückweg anzutreten. Wenig später war dann gepackt und die zwei fuhren zum Flughafen, so wie heute nacht Birgit, und die ganzen anderen Leute, die ich hier kennen gelernt habe, in den nächsten Tagen. Ich befürchte, dass ich mich danach vielleicht ein bisschen allein fühlen werde. Aber wer weiß, welche Bekanntschaften sich dann ergeben?
 

Donnerstag, 12. April 2012

The simple life

 
 
 
Es gibt ausgesprochen wenige Momente, in denen ich mir wünsche, Paris Hilton zu sein, wirklich. Aber heute denke ich mir, wenn ich so dumm und blond und berühmt und zickig wäre wie sie, dann könnte ich mich dabei filmen lassen, wie ich hier lebe, und würde damit eine Menge Geld verdienen, ohne irgendetwas Besonderes zu tun. Oder noch besser, die ganzen Leute hier könnten das tun – aber bedauerlicherweise interessiert es ja keinen, wenn ein ganzer Kontinent mit einer Millarde Einwohnern ein „simple life“ führt, wohingegen das bei einem einzelnen verzogenen, amerikanischen Püppchen ein irrsinnige Medienspektakel ist.
Ich wasche übrigens gerade. Während ich dusche, stehe ich mit den zuvor geschrubbten Füßen in einer Schüssel und trample in meinen dort in Waschmittel eingeweichten Klamotten herum. Das hat sich als effiziente sowie Zeit und Wasser sparende Methode herausgestellt. Danach wringe ich den Kram aus und packe ihn zum Trocknen auf die Leine, obwohl ich weiss, dass es garantiert heute Nacht wieder regnet und die Sachen alle erneut nass werden. Aber eine überdachte Leine gibt es eben nicht.
In unserem Klo ist die Glühbirne kaputt, und die Leute gehen inzwischen mit einer Stirnlampe hinein. Immerhin hatte ich noch eine Rolle Klopapier aus der alten Wohnung, sonst hätte es ein Problem gegeben. Der Klemptner war endlich da, und hat den Wasserhahn der Küche repariert, der vier Tage lang ununterbrochen ein dünnes Rinnsal ausgespuckt hatte. Leider war er zu gründlich, und jetzt läuft gar kein Wasser mehr. Der Reis wird in der Dusche gewaschen, gleich nachdem ich dort mit meinen Klamotten fertig bin. Fasziniert beobachte ich, wie eine dicke Kakerlake aus dem Überlaufloch des Waschbeckens krabbelt und die Zahnbürsten inspiziert (meine bewahre ich zum Glück in einer Plastiktüte auf).
Mir hat jemand gesagt, wenn ich seine Tochter wäre, würde ihm bei diesen Geschichten schlecht. Aber warum? Ich finde es ziemlich cool zu sehen, mit wie wenig man eigentlich zurecht kommt. Und da ich nicht Paris Hilton bin, kreische und heule ich auch nicht rum, sondern ich passe mich eben an, und das geht prima. Natürlich mag ich mein Bett daheim und die Glasscheibe im Fenster, eine Kakerlake im Bad würde mich dezent stören und nach wie vor steht die Spülmaschine ganz oben auf der Liste der Dinge, die mein Partner und ich uns für die gemeinsame Wohnung wünschen. Aber das ist weit weg, auf einem anderen Kontinent, und hier bin ich eben die Ivy, die in Afrika wohnt, mit allem, was dazu gehört. Ich würde so einen Urlaub jedem empfehlen, der dazu neigt, sich über zu viele Kleinigkeiten aufzuregen. Hier ist das alles entspannter. Der Strom ausgefallen? Dann wird die Kerze angemacht, ist eh romantischer. Das Kind schmeißt die Teetasse um? Lachen und aufwischen. Parkett haben wir ja keins. Kopfkissen? Überbewertet. Zudecke? Zu warm. Bügelbrett? Bett tuts auch. Füße schmutzig? Dauerzustand. Krank bin ich noch nicht geworden. Kein Kind hier hat Allergien. Genau wie Paris Hilton muss ich hier ja nicht dauerhaft bleiben. Warum also stellt sie sich so an?
 
 

Dienstag, 10. April 2012

Memory

 
 
mein kleines Memory-Spiel
 
 
 
Ein letztes Mal Erwachen im Paradies... dann geht es weg von der Ferienküste und zurück ins wahre Leben in Ukunda. Ich fahre in die Schule, denn ich bin ja einigermaßen gewissenhaft. Dort herrscht heute eine seltsam leere Atmosphäre – die Kinder sind weg, bis auf die paar Schüler der achten Klasse, die zum Förderunterricht kommen, und die Lehrer, die diesen geben. Sie kommen am Morgen, warten ab, bis sie dran sind, und gehen dann heim. Es hatte geheißen, ich sollte diese Woche unbedingt noch in die Schule kommen, es gebe viel zu tun (Termabschluss eben, Zeugnisse, Statistiken etc, alles am PC, und die Leute haben inzwischen rausbekommen, dass ich deutlich schneller tippe als sie). Aber es ist Stromausfall, und niemand hat etwas zu tun für mich (oder sich selbst). Ich besorge mir Stifte und Papier und setze mich in den leeren Raum der Baby Class und bastle ein Memory für den Kindergarten.
 
Als ich klein war, hatte mir meine Mutter in mühevollster Kleinarbeit ein Spiel gebastelt, bei dem es ähnlich darum ging, zwei gleiche Bilder zu finden und zusammenzufügen, nur das eines dabei schon aufgedeckt war. Daran denke ich während der Arbeit und ich vermisse sie ein bisschen – solche Basteleien machen wir oft gerne zusammen für ihre eigene Schulklasse. Damals, für mich, hatte sie alle Motive ausgeschnitten und aufgeklebt und bestimmt ein Jahrhundert gebraucht – ich brauche einen Vormittag, da ich die Bildchen nur male. Um 16 Uhr ist, eine Stunde früher als sonst, allgemeine Aufbruchstimmung. Ich fahre nach Ibiza und lasse mein Memory laminieren. Für den Preis hätte ich auch eins kaufen können. Aber genau wie bei dem Spiel von meiner Mutter damals finde ich: Selbstgemacht kommt einfach noch ein bisschen mehr von Herzen. Ich hoffe, die Kinder freuen sich.
 
Nicht viel ist sonst passiert heute... bis auf eine Sache. Das erste Mal hat ein Kleinkind, an dem ich auf dem Heimweg vorbei kam, im Angesicht meiner Erscheinung so angefangen zu weinen, dass es sich nicht mehr beruhigen wollte. Seine Geschwister waren, wie die meisten anderen Kinder, lachend herbeigelaufen gekommen und hatten mich begrüßt und das Kleinste auf dem Arm mit sich getragen. Und das schaute mich an und verzog im selben Moment so unglücklich das kleine Gesicht, dass ich mir vorkam wie ein Ungeheuer; es versteckte sich hinter der Schwester, lugte dann wieder hervor und heulte dann vor Angst laut auf. Das Schauspiel wiederholte sich eine Weile, und ich erinnere mich, wie wir im Kindergarten dieses Spiel gespielt haben, bei dem es am Anfang immer heißt „Wer hat Angst vor’m schwarzen Mann?“ Ob es das hier mit dem weißen Mann gibt?
Wie kommt es, dass ich mich heute so arg an meine Kindergartenzeit erinnere? Vielleicht färbt die eine Woche Arbeit in der Grundschule schon ab. Jedenfalls trägt dieser Post heute zu Recht den Titel „Memory“.
 
 
 
 
 

Montag, 9. April 2012

Freizeit!

 
Als ich heute um die luxuriöse Uhrzeit halb neun erwache, ist meine Gastmutter schon seit viereinhalb Stunden in der Kirche. Die Dame, über deren schlafenden Körper ich gestern Abend unerwarteterweise in unserer Küche gestolpert war (glaub, es ist die Cousine), macht die Kinder Gift und Favour fertig, damit die rechtzeitig und wie aus dem Ei gepellt zur regulären Sonntagsschulzeit um halb zehn ebendort erscheinen.
Favour hätte ich heut gern mit an den Strand genommen, aber der Gottesdienst geht vor. Deshalb fahre ich allein los, eventuell wollen meine Eiermalfreunde von gestern dazustoßen. Um zehn wollten wir uns treffen, bis viertel vor elf warte ich, dann fahre ich dezent genervt alleine vor, suche mir ein nettes Plätzchen am Strand und packe mein Buch aus. Himmlisch.
Mariam und ihre Familie kommen nach. Ich versuche vergeblich, den Mädels das Schwimmen beizubringen und bekomme in der kurzen Zeit im Wasser den ersten leichten Sonnenbrand, obwohl ich die ganze Zeit so gut aufpasse.

 
schöner Platz am Strand
Um zwei fahren wir gemeinsam zurück - ich, um Birgit zu treffen, damit wir zum Waisenhaus fahren können, in dem ich ab nächster Woche arbeiten werde, und die Familie, weil sie sich ohne mich natürlich das Matatu nicht leisten kann. Nicht, dass es mir nicht klar gewesen wäre, aber als ich aussteige, heißt es, ich müsse für alle zahlen. Missmutig schiebe ich den Euro fünfzig rüber. Nun ist es natürlich nicht so, dass mich der Betrag stört, sondern die Tatsache, dass es als so selbstverständlich angesehen wird, dass ich ihn zahle, und folglich auch kein Danke folgt. Aber da Mariams Mutter mir gestern ein schönes Tuch geschenkt hat und ich sie sehr mag, drücke ich ein Auge zu.

Dennoch - je länger ich hier bin, desto mehr muss ich sagen, dass mir die Mentalität mancher Einheimischen uns Europäern (oder allesamt uns Weißen) gegenüber allmählich auf den Zeiger geht. Sicherlich tut das Verhalten einiger Besucher hier das Übrige dazu, aber ich möchte eben keine kenianische Urlaubsbeziehung, ich will auch keine Drogen kaufen, und ich brauche kein Taxi zum Strand, weil ich nicht am Strand wohne, fertig. Und selbst wenn ich an den Strand will, dann nehm ich das Matatu, wie alle andern auch. Letztlich kann ich auch nicht deinem Bruder, den ich nicht mal kenne, 5000 Euro für sein Medizinstudium geben, nur weil ich dir gerade eben 20 Cent Trinkgeld gegeben habe.
Dies gesagt, überlege ich mir, ob es eine gute Geschäftsidee wäre, hier T-Shirts zu verkaufen mit in etwa diesem Aufdruck:

- Nein, ich brauche kein Taxi/Motorbike/Tuk Tuk
- Nein, ich will nicht zum Strand
- Nein, du kannst meine Telefonnummer nicht haben
- Schön, aber ich liebe dich nicht, denn wir kennen uns nicht
- Tut mir leid, ich bin verheiratet, monogam sowie streng gläubig (zwei davon stimmen nicht, aber vielleicht hilft es ja)
- Nein, ich bin kein Tourist, ich wohne hier!

Das mit dem T-Shirt werde ich natürlich nicht machen. Aber mir tut es leid, dass ich dem ein oder anderen die Quintessenz des Obigen auch mal in einem etwas unwirscheren Tonfall verklickern muss, obwohl ich viel lieber freundlich wäre, dann jedoch nicht ernst genommen werde. Ich fürchte, nach einer Weile abzustumpfen.
Diese kurze, frustrierte Abhandlung soll natürlich nicht bedeuten, dass es mir hier nicht mehr gefällt - im Gegenteil! Die Leute sind hier ja einfach so freundlich und lebenslustig, dass es ansteckend ist, und ich würde mir schlicht wünschen, dass man sich einfach entspannt diesem Lebensstil hingeben könnte, ohne immer auf der Hut zu sein, für wen man nun ein wandelnder Geldsack ist und für wen nicht, oder zumindest nicht ausschließlich.
Natürlich kommt die kleine Ernüchterung weder aus heiterem Himmel noch unerwartet, sondern liegt einfach in einer kleinen Anhäufung solcher Situationen, wie die mit dem Matatugeld heute, begründet. Ich hoffe, dass ich einen guten Mittelweg finde, den Leuten vor Ort die dringend nötige Hilfe zu geben, ohne mich ausnutzen zu lassen, und entschuldige mich schonmal über dieses lange, öffentliche Sinnieren hier.

 
Überreichen der Patengeschenke aus 
dem fernen Deutschland
Zurück zum heutigen Tag: Am Nachmittag fahren wir, wie gesagt, ins Waisenhaus in Kwale, etwa 30 Minuten von Ukunda entfernt und in einer schönen, hügeligen Gegend weiter landeinwärts gelegen. Das Heim ist wirklich toll. Jedes Zimmer ist liebevoll eingerichtet und qualitativ schön und an kenianischen Standards gemessen hochwertig ausgestattet. 18 Kinder leben hier, aus verschiedenen Altersgruppen.








Wir bleiben lange, weil es viel zu besprechen gibt. Ab Montag in einer Woche werde ich dann für 14 Tage im Heim aushelfen - immerhin kann ich mich jetzt schon darauf einstellen, wo ich dann schlafen kann und mit wem ich die Zeit dort verbringen werde. Ich bin gespannt auf diesen neuen Abschnitt, auch wenn ich noch nicht genau einschätzen kann, wie meine Aufgaben dort aussehen werden, aber darauf wird die Zeit ja eine Antwort finden.

Auch diesmal sind wieder Sponsoren aus Deutschland mit dabei, und ich bin beeindruckt, wie viele doch kommen, um ihre Schützlinge persönlich zu besuchen, und das sogar mehrfach. Andere Paten haben Geschenke geschickt, die nun unter den Kindern verteilt werden: Es gibt Puppen, Rucksäcke, Briefe, Fotos, und für jeden ein T-Shirt. Die Kinder sind schüchtern, aber insbesondere im grinsenden Gesicht der Kleinsten erkennt man doch deutlich die Freude.


 
Kinder mit den neuen T-Shirts


Heute Abend mache ich Urlaub vom Urlaub. Ich freue mich sehr, dass Birgit mich heute in den Marula Park eingeladen hat, und ich dort einen Abend im Pool planschen, gescheit duschen und in meinem eigenen Bett im eigenen Zimmer schlafen kann. Ich betone ja immer gern, dass ich gern draußen in Ukunda im "echten" Afrika wohne, aber jetzt für das Wochenende ist ein kleiner Ausflug in den kleinen, vermissten, persönlichen Luxus ein absolutes Highlight, das ich sehr schätze. Nicht zuletzt der Tatsache wegen, dass es hier einen gescheiten Computer zum Bloggen gibt! Im Gegenzug (und natürlich, weil es mir Spaß macht), koche ich Abendessen.

Morgen habe ich dann zur Abwechslung mal rein gar nichts auf der Agenda. Wenn ihr also nichts von mir hört, ist das ein gutes Zeichen :)

Einen schönen letzten Osterfeiertag wünscht euch
eure Ivy

 

Sonntag, 8. April 2012

über das Bloggen

 
 
Ich möchte gerne einen kleinen Kommentar schreiben, über die Umstände, unter denen ich hier blogge, und das Ganze ironisch betrachten, für jemanden, der wie ihr in Deutschland vor dem gut mit 16000er DSL ausgestatteten PC sitzt, und sich keine Vorstellungen von kenianischer Technik macht.
Ich habe natürlich weder einen eigenen Laptop mit noch ein Smart Phone und schon erst recht kein DSL. Ins Internet kommt man über eine mit USB angeschlossene Sim-Karte mit Prepaid-Guthaben, oder im Internetcafe. Dort fühlt sich die Tastatur an, als hätte man einen Becher Zuckerrübensirup großzügig, nicht aber gleichmäßig darauf verteilt, und einen Steckplatz für meine SD-Karte gibt es dort auch nicht. Meine Bilder müssen also erst auf einen USB-Stick, der mir inzwischen freundlicherweise geliehen wurde (danke Helmut aus Euskirchen!), und benötigen dann Äonen zum Hochladen. Stellt euch vor, ihr säßet in einem Luftschutzbunker und der WLAN-Router draußen. Oder erinnert ihr euch noch an das gute, alte 56K-Modem? Dann halbiert dessen Geschwindigkeit und halbiert sie noch einmal, und bittet jemanden, das Ding alle zwei Stunden zu resetten, und ihr habt es in etwa. Dann hat die Regenzeit hat begonnen und bei jedem Schauer (und davon hatten wir gerade den dritten in den letzten zwei Stunden) fällt der Strom aus. Das Netzwerk verschwindet spurlos und ich warte im Dunkeln geduldig auf ein Ende des Regens. 
Noch ein Beispiel: Stellt euch vor, ihr wollte etwas Einfaches tun, wie Einkaufen gehen, müsstet dabei aber eine altersschwache Schildkröte mitnehmen, die alle 200 Meter ein Nickerchen halten muss. Habt ihr das Bild? Dann seid gnädig mit mir!  Tippfehler werden korrigiert, wenn ich den Nerv dazu habe.
Habt euren Computer lieb! Auch wenn er Windows hat und sich ab und an mit Bluescreen verabschiedet, Word abstürzt oder eine Webseite mal etwas länger lädt. Schlimmer geht immer!
 

Samstag, 7. April 2012

Ostern

 
Vollmond ist heute, als ich von einem langen Tag nach Hause stolpere, und der Weg dementsprechend gut beleuchtet.
Als wir ihn heute Morgen zu siebt in unseren besten Klamotten denselben Weg in Richtung Schule gesprintet sind, waren wir – mal wieder – zu spät. Diesmal lag‘s aber ganz eindeutig an der Gastmama, die unglaublich lange gebraucht hat, um sich fertig zu machen. Glücklicherweise beginnt in Kenia nichts, wirklich gar nichts, pünktlich, außer vielleicht der Schulunterricht. Die Feier jedenfalls tat es nicht. Kurz vor elf ging los, was für neun Uhr angesagt war: Die große, offizielle Schuleröffnung. Fleißige Hände waren offenbar schon ein paar Stunden vorher damit beschäftigt gewesen, ein Schatten spendendes Zelt für die „Ehrengäste“ sowie Bänke für die Eltern und Schüler aufzustellen, eine Tonanlage zu besorgen und alles mit gelben Luftballons zu dekorieren. Viele waren gekommen, und viele trugen auch das gelbe Merchandise-Shirt, was in der vergangenen Woche an Lehrer und Schülereltern verkauft worden war. Meine süße kleine Mary aus der Baby Class war herausgeputzt worden und hatte in ihre eigentlich sehr kurzen Haare lange schwarze Rasterzöpfe und schulfarbene Perlen und Schleifen geflochten bekommen und sah allerliebst aus. Auch die meisten Eltern hatten sich für den großen Tag schick gemacht.
Ich durfte auf der Ehrentribüne Platz nehmen, was mir am Anfang etwas unangenehm war – ich hätte mich gern unters normale Volk gemischt. So saßen wir nun allerdings mit einer großen Gruppe Mzungus (hauptsächlich Sponsoren aus Deutschland und deren Freunden und Gästen) in bequemen Plastikstühlen im Schatten des Zeltes und wurden sogar mit kühler Limonade bewirtet. Schnell entwickelten sich angenehme Gespräche mit den Sitznachbarn, und die Atmosphäre löste sich.
Offizielle Feiern in Kenia haben gewisse formale Kriterien zu erfüllen – dazu gehört das Hissen der Flagge (dazu wurde extra noch der Flaggenmast über Nacht gebaut) und das Singen der Nationalhymne. Für dieses formelle Programm ist die schuleigene Pfadfinderorganisation zuständig. Mit für uns Deutsche befremdlichem, stark militärisch geprägtem Zeremoniell wird die Flagge gehisst, die Hymne gesungen, und schließlich noch eine Art Treueschwur an die Nation geleistet. Birgit, ihreszeichens Vorsitzende des Vereins Future for Kids e.V., darf dann die Reihen der strammstehenden Schüler inspizieren, und weiß erst gar nicht was sie machen soll. Hätte sie genauer hingeschaut, wäre ihr sicher der ein oder andere offene Hosenstall aufgefallen  
Weiter geht es mit einem Eröffnungsgebet. Dazu wurde offenbar der gleiche Prediger angeschleppt, den ich vom letzten Sonntag aus der Kirche kenne, für die er auch kräftig die Werbetrommel rührt. Ich denke mir, dass der muslimische Teil der Anwesenden, mindestens also etwa knapp die Hälfte, mit den euphorischen Reden wohl eher wenig anfangen kann und vermisse einen toleranten Gruß in ihre Richtung, der aber nicht erfolgt. Danach wird die Schule ganz offiziell eröffnet, ein blaues Band durchtrennt und ein entsprechendes Schild, das neben dem Hauptbüro angebracht wurde, feierlich enthüllt.
 
Vorführung der Zweitklässlerinnen
 
Massai-Tanz
 
Im Anschluss ist Zeit für das Programm, welches die Schüler in den letzten Tagen und Wochen so fleißig einstudiert haben. Den Anfang macht der Kindergarten, und piepsige Stimmen verkünden irgendetwas auf Kisuaheli, was ich nicht verstehe, aber sicher ganz niedlich war. Stolze Mütter laufen auf die Bühne und umarmen glücklich ihren Nachwuchs – Väter sieht man aber keine, wie vom Moderator das ein oder andere Mal bemerkt wird. Von jeder Klassenstufe wird ein Programmpunkt vorgetragen, schön in aufsteigender Reihenfolge. Die Kinder stellen sich alle brav vor, ihre Klasse, und das zu präsentierende Werk. Am Ende wird sich immer bedankt und eine Art Knicks vollführt. Leider sitzen Ehrengäste und Publikum sich so gegenüber, dass mindestens eine Seite die vorführende n Kinder von hinten betrachten muss. Die meisten Programmpunkte sind ernsthafter Natur und behandeln Themen wie die Wichtigkeit einer Ausbildung in Kenia, Aids, und Alkohol. Die Schule wird viel gelobt, als Hoffnung für die Kinder bezeichnet und ein ganz kleines Bisschen Propaganda gemacht – aber das ist ja völlig in Ordnung so. Eine Ausnahme macht die siebte Klassenstufe, die mit Abstand die meisten Teilnehmer auf die Bühne bringt und ein paar schöne Lieder präsentiert, die sofort ins Ohr gehen und das Publikum zum Tanzen animieren. Sehr zum Vergnügen der Kinder werden einige der Ehrengäste explizit zum Tanzen nach vorn geholt und stellen sich dort mehr oder minder gut an. Der Kenianer als solcher hat doch schon irgendwie mehr Rhythmus im Blut, oder zumindest weniger Hemmungen, sich gehen zu lassen. Die Kinder beeindrucken mich – ich hätte mich mit 12 Jahren noch nicht vor ein Publikum gestellt, um dort auch noch mit dem Mikrofon etwas vorzusingen, und hier machen das schon die Sechsjährigen ohne große Probleme. Den Abschluss bildet eine kulturelle Tanzgruppe der Massai, die offenbar ein paar traditionelle Gesänge und Tänze präsentieren. Spannend ist es, doch seltsam für die Ohren der Einwohner eines Kontinentes, der solch ein großes und anspruchsvolles musikalisches Erbe hervorgebracht hat wie Europa. 
Schulleiter und Vereinsvorsitzende richten noch die obligatorischen Worte an das Publikum, dann gibt es ein Abschlussgebet. Dies nimmt dann doch ein Imam vor, sodass dem gesamten Publikum in religiöser Hinsicht Rechnung getragen werden kann, und ich bin zufrieden, auch wenn jeder Vers des arabischsprachigen Bittgebets dreimal wiederholt wird und die ganze Sache sich ziemlich zieht. Im Anschluss gibt es dann auch endlich Getränke für Kinder und Eltern, und der Tag klingt mit Tanz und Gespräch aus – die angereisten Sponsoren bekommen die Chance, ihre Patenkinder kennen zu lernen,  und Klassenräume zu besuchen, in denen Fotos aushängen. Ich derweil werde von diversen Kindern nicht mehr von der Tanzfläche gelassen – erst, als ich völlig verschwitzt wirklich nicht mehr kann.
Später gab es viele Rückmeldungen, dass die Eltern das Event sehr genossen und sich sogar länger gewünscht hätten – insgesamt also ein voller Erfolg für alle Beteiligten. 
 
 
mit gemischten Gefühlen in die Ferien verabschieden sich Mwanaisha, 
rechts, und meine Brillenträgerin Rachel, die immer so kluge Fragen stellt
 
Inzwischen ist es früher Nachmittag. Eines der Kinder, die mich so lange beim Tanzen hielten, ist Mariam, die Tochter einer Erzieherin des Kindergartens. Und letztere bat mich, mich doch vielleicht um ihre Tochter zu kümmern, da sie selbst noch bis vier an der Schule bleiben müsse zum Aufräumen. Also nehme ich die Sechstklässlerin mit – wir fahren im Matatu zu meiner alten Wohnung, waschen die Bettwäsche, säubern die Küche und geben den Schlüssel ab. Dann lade ich Mariam auf eine Portion Pommes ein, und im Gegenzug hält sie mir effektiv die ewig nervenden lokalen Verehrer vom Hals. Ich erzähle ihr von Osterbräuchen in Deutschland und wir beschließen, zu ihr zu gehen und Eier zu bemalen.
Ich lerne die ganze Familie kennen – Oma, Tanten, Kinder, allesamt weiblich, und gemeinsam wohnend in zwei Zimmern mit Küche. Ich spendiere 18 Eier, und plötzlich will die ganze Familie mitmachen. Im Metalltopf auf offenem Feuer werden die Eier gekocht und eine Färbelösung aus Wasser, Lebensmittelfarbe und Zitronensaft (zum Anätzen der Schale) improvisiert. Die Eier färben sich erstaunlich schön orange und rosa. Inzwischen ist auch die Erzieherin aus der Schule zurück und hat sogar einen Farbkasten im Gepäck. Es bildet sich eine Fließbandarbeit zwecks Ostereierproduktion – in einem muslimischen Haushalt, mitten in Afrika. Herrlich.
Zwölf der Eier werden an Ort und Stelle für die Kinder versteckt, die begeistert suchen und sich dann auf den leckeren Inhalt der kurzlebigen, bunten Schalen stürzen. Katzenbabys vom Hof lecken die letzten Krümel aus der Schale. Die letzten sechs Eier nehme ich meiner Gastschwester mit, der ich Ostereier versprochen hatte, und ich habe den Eindruck, alle seien zufrieden, und das freut mich. Mit einfachen Mitteln Spaß bringen, das finde ich gut. Und so habe ich heute eben ein kleines bisschen Ostern nach Kenia gebracht. 
Mit Bildern von dieser Aktion verabschiede ich mich und wünsche meinerseits allen Lesern ein frohes Osterfest!
 
fröhliches Ostreiermalen
 
Massenproduktion
 
 

das schöne Endprodukt
 

schläfrige Kätzchen nach dem Verspeisen der Eierschalen
 

Freitag, 6. April 2012

Fleißige Handwerker

 

Karfreitag, 10:20. Ich bin zu spät, weil ich von meiner neuen Unterkunft nicht auf Anhieb den Weg zur Schule finde, oder zumindest nicht den kürzesten. Ich laufe eine Weile durch den Busch, einen traumhaft schönen Weg entlang, noch ein bisschen matschig vom Wolkenbruch am Morgen - doch das meiste Wasser ist schon wieder unter der erbarmungslosen Sonne verdunstet.
 
 
 
Ich bin in ein altes Bettlaken gewickelt und schaue bestimmt komisch aus. Im Gepäck hab ich noch einen Kittel, den meine neue Gastmama mir heute Morgen noch kurzfristig geliehen und geflickt hat. Ich bin unterwegs zur großen Streichaktion an der Schule. Trotz des Feiertags sind viele Lehrer und Eltern gesponserter Kinder gekommen und können es kaum erwarten, loszulegen. Abgeklebt ist schon, als ich ankomme, deshalb geht es gleich mit Streichen los. Alten Kittel an, Plastiktüte auf den Kopf (kein Schönheitswettbewerb zu gewinnen heute, dafür aber den Preis für die beste Arbeitskleidung nach dem Blaumann, finde ich) und Pinsel in die Hand - schon geht's ab. Die deutschen Sponsoren, die vor Ort mithelfen, und ich, wir sind allesamt beeindruckt von der Effizienz und Ordnung, mit dem unsere kenianischen Mitstreicher bei der Sache sind. Fachgerecht wird an der einen Seite angefangen und sich schnell und sicher vorangearbeitet. Keiner streicht irgendwo meilenweit weg, oder die falsche Farbe. Selbstverständlich ist das nicht, aber so macht es auf jeden Fall eine Menge Laune. Schulbänke werden hervorgeholt, um darauf stehend die obere Wandhälfte zu erreichen, und dabei gnadenlos gelb und blau besprenkelt. Auch der Boden bekommt trotz ausliegenden Zeitungsteppichs eine gehörige Portion bunter Tupfen ab. Wir wischen mit Terpentin hinterher, doch ganz geht es nicht mehr weg. Da hilft nur: Hakuna Matata denken (zu Deutsch: kein Problem - das Motto, mit dem in Kenia alles klappt. Ist schließlich ne Grundschule, und die darf bunt sein!
jede Menge gesponserte Farbe...
 
und jede Menge freiwillige Helfer...
 
gestrichen wird natürlich in Schulfarben!
 
auch wir sind gelb-blau - und zufrieden mit dem Ergebnis



Viele Eltern, deren Kinder mit Hilfe einer Patenschaft an der Schule lernen, sind gekommen, um sich durch ihre Unterstützung auf ihre Art zu revanchieren. Der Vater einer Schülerin, gut gekleidet mit Hemd und muslimischer Kopfbedeckung, bedankt sich bei mir ausladend für unsere deutsche Hilfe, und streicht derweil fröhlich neben einer Sekretärin an der einen, und der Schulköchin an der anderen Seite.
Mitten im Schulhof, unter den großen, Schatten spendenden Mangobäumen werden derweil aus Pappe und Kreppband von Lehrerinnen und Müttern bunte Anstecker für die morgigen Gäste gebastelt, und am Ende werden noch alle Türen mit schicken, neuen Etiketten versehen, damit man in Zukunft auch klar lesen kann, was sich hinter welcher Tür verbirgt.
Viele Hände - rasches Ende - getreu diesem Motto wird am frühen Nachmittag ein Karton Wasserflaschen und eine Runde Ugali (ungesalzener Maisbrei) mit irgendwas, das im Geschmack an deutschen Grünkohl erinnert, ausgegeben. Die Afrikaner sind begeistert, bei den
 Deutschen hält sich die Freude in Grenzen. Ich persönlich finde, dem afrikanischen Essen merkt man immer noch an, dass es dazu entwickelt wurde, mit geringem finanziellen Einsatz (und leider auch geringem Einsatz von Gewürzen) lange und effektiv zu sättigen. Das geschieht am besten mit jeder Menge Kohlehydraten und Fett - und das will meinem Organismus irgendwie nicht so recht bekommen. Keine Ahnung, wie die lokale Bevölkerung so schlank bleibt, aber ich krieg das jedenfalls nicht hin - obwohl ich mich sehr bemühe, nicht ironischerweise dicker aus einem Entwicklungsland zurückzukommen, als ich hingeflogen bin. Das fände ich irgendwie unpassend.
 

Nach dem Essen jedenfalls entspannt sich das Arbeitstempo gewaltig. Aufräumen will niemand so wirklich, und es braucht eine etwas lautere Aufforderung dazu. Gegen drei verabschiede ich mich in meinen freien Karfreitags-Nachmittag, den ich vor einem Hotel am Strand verbringe - endlich mal wieder nach 10 Tagen! Nachdem mir elend viel Ölfarbe über die Arme gelaufen war, die nur mit Terpentin abzukriegen war, wogegen ich leider allergisch bin, tut die Abkühlung der juckenden Arme im Meer doppelt so gut.
Im Forum des Hotels stehen anlässlich der Osterfeiertage zwei Gehege, eins voller flauschiger, gelber Küken, und eines mit fünf angesichts der Außentemperaturen zu Recht hyperventilierenden Kaninchen. Ich hoffe, die landen im Anschluss an Ostern nicht im Kochtopf...

Ich meinerseits hatte meiner Gastfamilie versprochen, zum Einstand Abendessen zu kochen. Obwohl die sehr christlich sind, stört es sie nicht, Karfreitag Fleisch zu essen. Möglicherweise ist das bei Protestanten ja anders, aber um das zu wissen, war ich eindeutig nicht lang genug im Religionsunterricht. Jedenfalls verabschiede ich mich rechtzeitig vom Strand, um mein Thai-Kokoshühnchen vor halb acht fertig zu kriegen. Leider hatte ich nicht bedacht, dass wir nur einenafrikanischen Holzkohletopf haben, und deshalb Fleisch und Reis nur nacheinander gekocht werden können - und so dauert das Ganze deutlich länger als zu Hause auf dem schönen Ceranfeld. Kochen ist ja absolut meine Sache und ein großes Hobby von mir. Jetzt, nach fast drei Wochen ohne Kocher (d.h., Abendessen war entweder kalt oder auswärts) macht es richtig Spaß, wieder zu schnippeln und rühren, obwohl das offene Feuer die Küche schnell in einen Großraumbackofen verwandelt und ich bestimmt mehr Flüssigkeit ausschwitze, als ich am ganzen Tag getrunken habe. Aber es lohnt sich - das Essen wird lecker, und Kinder und Mama putzen alles weg. Das freut mich :) Favour, 6 Jahre alt, bemerkt, dass das Fleisch richtig zart ist. Ich hab Hühnerbrust gekauft - und das ist hier richtig teuer. Wenn es hier Fleisch gibt, dann normalerweise das ganze Tier (Fisch, komplett mit Kopf und Gräten) oder mehr oder weniger große Teile davon (ein Viertelhuhn, ein irgendwie zerkleinertes Rind, jeweils mit jeder Menge Fett und Knochen und ausgesprochen zäh). Das ist so absolut gar nicht meins, aber die Leute hier nagen begeistert solange daran herum, bis wirklich nur noch Knochen über sind, und selbst an denen nagt danach noch die ein oder andere abgemagerte Katze, die abends laut miauend durch Ukundas Restaurant- und Müllkippenszene flaniert. Meine Hühnerbrust jedenfalls ist Luxus - heute auch für mich. Und den hab ich genossen.
Chefin in der Küche!

Heute Abend bin ich Babysitterin, weil alle anderen, volljährigen Bewohner des Hauses aus verschiedenen Gründen ausgeflogen sind. Die Kinder schlafen drüben schon dem morgigen Tag und der großen Schulfeier entgegen, und ich freue mich in Ruhe mal wieder vor einem PC zu sitzen. Hoffentlich regnet es heute Nacht, denn letzte Nacht hab ich meinen Deckenventilator der alten Wohnung schon schwitzend vermisst...

Ich wünsche euch allen eine gute, wohl temperierte Nacht!
Eure Ivy

Donnerstag, 5. April 2012

Umzug

 
Wenn es jemals einen Moment gab, in dem ich mir gewünscht hätte, dass jemand einen Schnappschuss von mir macht, dann heute, als ich mit meinem Trekkingrucksack, zwei Taschen und zwei Plastiktüten voller Essen auf einem klapprigen Motorrad quer durch die Straßen von Ukunda transportiert wurde. Das muss wirklich ein Bild für die Götter gewesen sein...
 
So sieht also der afrikanische Umzug aus. Nach meinem Projektwechsel stand ja jetzt seit Tagen auch der Wechsel der Projektwohnung an, und so wohne ich jetzt in einer lokalen Gastfamilie - bestehend aus einer alleinerziehenden Mutter und zwei Kindern. Meine alte Wohnung im Zentrum von Ukunda vermisse ich schon ein bisschen, und auch die kleinen Gewohnheiten, die man auch schon nach zwei Wochen hat - abends ins Internetcafé oder die umliegenden Restaurants zu bummeln, zum Beispiel. Ab jetzt werde ich dafür wohl ein Fortbewegungsmittel brauchen. Aber ich freue mich, endlich am richtigen Familienleben teilzuhaben, beim Kochen auf dem mit Kohlefeuer betriebenen Ofen zu helfen und einfach zu sehen, wie der Alltag in einer lokalen Familie aussieht.
 
An den Schulen Kenias endete heute das Trimester, und der Schultag war dementsprechend kurz gehalten. An unserer Schule geht es aber trotz der Osterfeiertage munter weiter - morgen steht Streichen des Schulgebäudes mit Freiwilligen auf dem Programm, und Samstag eine Feier mit Eltern und Schülern sowie den angereisten Sponsoren. Für dieses Event üben die Schüler fleißig, und heute auf der Trimesterabschlussfeier gab es schon eine sehr vergnügliche Generalprobe. Ich wurde zum Tanzen aufgefordert, und alle hatten Spaß daran. Am meisten aber ich, denke ich :)
 
Sonst hatte ich zur Abwechslung mal den Nachmittag frei - eine schöne Entschädigung für das sehr kurz geratene letzte Wochenende. Den Nachmittag konnte ich dann fröhlich im Pool unten an der Küstenstraße entspannen - der erste Poolbesuch seit Ankunft hier, wow! Seitdem sind meine Füße wieder sauber. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie dreckig man hier innerhalb eines Tages wird. Es ist schwül, man schwitzt, und der aufgewirbelte Staub der unbefestigten Straßen und Seitenwege klebt dann unbarmherzig auf der feuchten Haut fest. Patschige Kinderhände, die weiße Arme tierisch spannend finden oder einfach gerne auf Oberschenkeln herumtrommeln (nicht ohne sich vorher in der Nase gebohrt zu haben) tun ihr Übriges... apropos Nase, ich will gar nicht ins Detail gehen, was sich darin innerhalb eines Tages alles sammelt. Inzwischen stelle ich mich abends der Einfachheit halber gleich mit Klamotten unter die Dusche. Und meine ehemals weißen, nun sandfarbenen T-Shirts sind dank Omo auch wieder eine Nuance weiter zurück in Richtung weiß gekommen. Meine Nachbarin, die den ganzen Tag mit ihrer Waschschüssel vor der Tür sitzt und überzeugt war, Europäer können ohne Maschine niemals waschen, ist stolz auf mich. Ich auch. Dafür nehm ich inzwischen sogar in Kauf, dass das aggressive Waschmittel die Haut anätzt. Aber das mildere Zeug aus der Reisetube bringt halt einfach nichts.

Jetzt bin ich gespannt auf meine erste Nacht ohne Deckenventilator, dafür mit Kleinkind im Zimmer.
Morgen werde ich berichten. Euch in Deutschland bis dahin eine gute Nacht!



 
altes Bett
 
 
neues Bett

Mittwoch, 4. April 2012

Es lebe der Sport

 
 
Hätte ich gewusst, dass ich heute genötigt werde, mit meinem Kollegen um die Wette zu sprinten, hätte ich sicherlich keinen langen Rock angezogen.
Die Examen sind vorbei und den Kindern wird gegönnt, sich mal so richtig auszutoben. Eine muntere Schülerkarawane marschiert fröhlich los Richtung Sportplatz. Ich bleibe erstmal mit Baby Class und Kindergarten auf dem Schulhof. Die Kinder tanzen, es gibt Wettbewerbe im Sackhüpfen und Kartoffellaufen (also einen Parcours mit einer auf einem Löffel befindlichen Kartoffel bewältigen, ohne diese fallen zu lassen). Chris, mein persönlicher Freund, will nicht mitmachen. Er hängt mir am Rockzipfel und heult, bis ich ihn auf den Arm nehme. Dann schubst er alle weg, die auch dorthinwollen, und heult noch viel mehr, als ich ihn daraufhin wieder absetze.
Im Anschluss machen wir ein kleines Fotoprojekt: Wir setzen bzw. stellen die Kinder in Form von Buchstaben auf den Boden und fotografieren so die Worte „Welcome“ und „Jambo“. 
 
Chantal und ich beim Rumtoben
Danach ist Tea Time, Frühstückspause für die Kiddies und Lehrer. Danach gehe ich mit den Großen mit. Die Jungs machen einen Wettbewerb im Schnellgehen, und ich bestaune, wie sehr der führende Viert- oder Fünftklässler schon diesen besonderen Laufstil raus hat, der immer so komisch aussieht, aber offenbar sehr effektiv ist. Leichtathletik ist ja absolut das Steckenpferd der Kenianer, und auch dieses Jahr werden die Ostafrikaner die Laufmedaillen aus London wieder unter sich ausmachen, jede Wette. Die Kinder hier träumen zum Teil von einer Karriere als Sportler und den damit verbundenen großen Reisen und dem Ruhm. Einige sehen zumindest so aus, als wären sie auf einem guten Weg.
Ich sitze am Rand unter den Bäumen im Schatten und schaue zu, und kriege davon fast schon einen Kreislaufkollaps – ans Mitmachen ist nicht zu denken. Am Horizont zieht ein Gewitter auf, das erste der Regenzeit, die so sehnsüchtig erwartet wird (von mir nicht, gebe ich zu). Es donnert, und die Kinder schreien verängstigt rum und rennen Richtung Schule, bis ein Lehrer sie zurückbeordert. Ob ich keine Angst hätte, gerade unter den Bäumen, fragen die Zurückgekehrten. Ich erkläre, dass es doch gar nicht blitzt, wie Donner zu Stande kommt, und dass das nicht gefährlich ist. Wie man ausrechnen kann, wie weit das Gewitter noch entfernt ist, und dass, wenn es da ist, ja, man sich besser nicht unter einem Baum befindet. Es sammelt sich eine Gruppe um mich, und damit ist die Frage-Antwort-Runde eröffnet. Ich lerne Rachel kennen, eine Sechstklässlerin, die eine Brille trägt, was in Kenia sehr selten ist und entsprechend auffällt. Sie ist aktiv und stellt viele kluge Fragen. Es beginnt mit Fragen zu Deutschland, der Hauptstadt, dem Präsidenten, der Nationalhymne. Ob wir Schuluniformen hätten, und wie eine Hochzeit bei uns aussieht? Großes Erstaunen bei manchen, als ich erkläre, dass die Eltern des Bräutigams der Braut keine Kuh schenken müssen. Dass es Väter gibt, die auf Kinder aufpassen, während Mütter arbeiten, dass es Gesetze gibt, die das Schlagen von Kindern verbieten, dass ich kein Auto besitze und dass Kohl auch bei uns wächst, weil eben nicht das ganze Jahr Schnee liegt und es zwischendrin so warm wird wie in Kenia. Rachel weiß vieles davon schon, sie hat Verwandschaft in Deutschland. Sie zeigt auf sich, und meint, sie sei sogar ein bisschen weiß. Wir vergleichen unsere Arme. Weiß ist sie nicht. „Warum sind Europäer weiß und Afrikaner schwarz?“, will eine wissen. Was soll ich sagen? Ich erkläre, obwohl die Kinder das ja wissen, dass der Ursprung der Menschheit in Afrika liegt, und unsere Vorfahren vermutlich alle Schwarze waren. Dass dann welche gewandert sind und wir keine dunkle Haut brauchen oben im Norden, und dass wir somit heute nicht mehr gemacht sind für das Leben in Afrika. Ich erkläre das Konzept von Sonnenbrand, zeige, dass meine Arme rote und braune Flecken haben und man meine Adern durch die Haut sieht. Der Neid auf die Hautfarbe schwindet ein bisschen.
Meine Gastschwester hatte ich vor ein paar Tagen dabei erwischt, wie sie sich millimeterdick mit Bodylotion einschmierte, bis sie ganz hell war. Es ist wichtig, dass du dich so hübsch findest, wie Gott dich gemacht hat, sage ich ihr, weil ich weiß, dass die Mama zuhört, die es immer ganz toll findet, wenn man Gott erwähnt. Gute Tat des Tages als getan verbucht.
Die Kinder auf dem Sportplatz sind inzwischen so nah aufgerückt, dass ich drohe zu ersticken. Sie hatten mir netterweise einen Stuhl gebracht und mich mit sanfter Gewalt darauf platziert, sodass sie nun größer sind als ich und auch der Sauerstoff von oben knapp wird. Rachel beordert die Mitschüler ein paar Schritte zurück. Dann erblicken mich leider die Lehrer und kommandieren mich zum Wettlauf des weiblichen Kollegiums.
Dazu sollte ich sagen, dass ich auch unter gemäßigteren klimatischen Bedingungen ein außerordentlich unsportliches Wesen bin. Sport, der nichts mit flüssigem oder gefrorenem Wasser zu tun hat, ist nix für mich. Früher hatte ich lange geturnt und ich bin sogar recht beweglich, aber Ausdauer hab ich wenig und vor Ball- und Teamsportarten habe ich regelrecht Angst.
Die Kinder feuern mich an, also mache ich mit – es geht ja um nichts. Es gibt drei Fehlstarts (nicht meinetwegen!). Ich bin glücklicherweise nicht die Einzige mit einem bodenlangen Rock. Manche tragen Flip Flops, ich immerhin Crocs, manche aber auch Leggings und Turnschuhe. Sehr fair J
Ich ziehe dann meinen Rock schliesslich bis zu den Knien hoch und als endlich ein Start gelingt, laufe ich über die krumme Buckelpiste einfach mal los, ohne mich zu überanstrengen. Und damit werde ich Zweite?! Die Kinder sind aus dem Häuschen und geleiten mich in einer Prozession zurück unter meinen Baum. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob man mich hatte gewinnen lassen wollen, oder ob die Klamotten und das Alter nicht doch ihr Übriges getan haben.
 
Nach dem Mittagessen klingt dann der letzte wirkliche Schultag langsam aus. Morgen werden sie nur noch kommen, um die offizielle Termabschlusszeremonie zu halten und dann die Schule zu schliessen.  
Ich für meinen Teil gehe nach Hause: Unter die Dusche!
 
 

Dienstag, 3. April 2012

Mission: Hausbesuch

 
Nach zwei Stunden Kindergarten bei meinen neuen Freunden Mary, Chris und Chantal kommt Birgit in die Schule, und nach dem Tee machen wir uns mit dem prall gefüllten Van wie geplant auf, um Reis und Bohnen (und manch anderes) unter die Bevölkerung zu bringen.
Eine Menge Familien klappern wir ab, rund um die Schule. Ich mache Notizen und Fotos für die Paten, damit nachher auch die Bilder der Übergabe bei den großzügigen Spendern der Inhalte unserer Pakete ankommen. Die Familien, die wir besuchen, sind wirklich unterschiedlich. Es wäre unpassend zu sagen, dass manche "reicher" wären, denn reich ist definitiv das falsche Wort hier. Aber man sieht die Unterschiede zwischen arm und ganz arm. Ich lerne, dass die Höhe der Miete sich neben der Anzahl der Zimmer (die meisten haben nur eines, höchstens zwei) und der Verfügbarkeit von fließend Wasser (hat fast niemand) und Strom (haben ein paar, und betreiben damit dann auch oft einen Fernsehapparat) auch danach bemisst, ob etwa zwischen den Wänden und dem darüber befindlichen, nicht an den Wänden montierten Dach aus Palmblättern oder Wellblech noch eine waagerechte Raumdecke eingezogen ist. Eine solche macht 5 Euro monatlich aus - bei einer Gesamtmiete von dann 15 Euro.
Architektonisch wiederholt sich immer derselbe Baustil: Etwas, was von außen wie ein geräumiges Einfamilienhaus wirkt, entpuppt sich innen als ein langer Flur mit davon abgehenden, nur durch Vorhänge abgetrennten Einzelzimmern, die dann von der ganzen Familie bewohnt werden.
Viele dieser Zimmer betreten wir heute. Ich wäge ab zwischen der Höflichkeit, die Schuhe auszuziehen, und der Gefahr, mir Jiggers (siehe den Post zum Medical Camp) einzufangen, und entscheide mich für ersteres. Die Leute begrüßen uns alle freundlich, schütteln uns die Hände, und manche wollen sich partout revanchieren - so kauft eine Familie für uns eine Flasche Cola, die andere schenkt uns ein paar Kokosnüsse. Die Dame mit den Kokosnüssen hab ich noch genau im Kopf, weil deren Mienenspiel, als sie den Sack mit dem ganzen Essen, den unser Tragehelfer ihr in die Wohnung schleppte, erblickte, einfach Bände sprach, und sie sich so herrlich freute.
Beeindruckt hat mich insbesondere der Besuch bei einem (offenbar sehr gläubigen) Herren, der neben seinen eigenen fünf auch fünf verwaiste Kinder seiner Geschwister durchbrachte und uns mit vielen Hinweisen auf seine Gebete erklärte, wie dankbar er Gott und dem Verein sei, dass nun alle seine Kinder zur Schule gehen könnten, auch wenn dafür ab und an das Abendessen ausfiele, und wie sie alle an einem Strang zögen und niemand sich beschwerte. Mich angesichts meiner Kleidung offenbar für islamischen Glaubens haltend, erklärte er mir mehrfach, wie toll er es fände, dass wir Anhänger verschiedener Religionen so gut zusammenarbeiten könnten, wünschte mir Frieden und zeigte sich so in sich selbst ruhend und bescheiden glücklich - obwohl er innerhalb jeder Definition, die mir mit meinem europäischen Kopf einfällt, eigentlich überhaupt nichts besaß.
Ich sehe Ecken von Ukunda, die mir bis dahin fremd waren, weil sie über staubige, verwinkelte Sandpisten abseits der Hauptstraße liegen, und ich erwische mich dabei, wie ich Familien, die drei Zimmer ohne fließend Wasser und ein schäbiges Sofa besitzen, als weniger bedürftig einschätze als den Mann mit seinen 10 Kindern ohne Abendessen, obwohl auch diese Familien natürlich noch weit entfernt von einem ansatzweise befriedigenden Lebensstil sind. Die Leute erklären uns, wie sie abends die Möbel umstellen, damit die Kinder auf dem Boden einen Schlafplatz finden, und andere Dinge, die einen wieder daran erinnern, wie glücklich man selbst über den Zufall sein muss, auf dem "richtigen" Kontinent geboren worden zu sein.

 
Eine Mutter zeigt uns das Bild ihrer Tochter nach einem Brandunfall.
Das Mädchen bekommt bereits das Schulgeld gesponsert, doch
es steht auch noch eine Operation der verhärteten Bauchdecke an,
die zur Zeit noch nicht finanzierbar ist
 
 
diese Dame überreicht Mama Birgit ein Dankesgeschenk
 
diese beiden sind stolz auf ihren Fernseher

Es ist nicht so, dass ich angesichts der heutigen Eindrücke depressiv nach Hause gehe - vielmehr war der Tag eine schöne Erfahrung. Man begegnet Menschen, und kann mit kleinen Dingen große Freude bereiten. Dass ich Afrika nicht im Alleingang retten kann, ist mir klar, und deswegen mache ich mir auch bewusst, dass ihr hier meinen eigenen kleinen Teil zum großen Ganzen beitrage, anstatt mich zu Hause zu verkriechen, aus Angst, hier möglicherweise Elend zu sehen. Und so kann ich auch guten Gewissens schlafen, in meiner Dreizimmerwohnung mit fließend Wasser und Strom, der auch heute Nacht wieder ausfällt, die etwa so aussieht wie eine nackte Garage, ohne Kacheln in der Dusche und mit verfallenen Wänden, und um die mich viele Kenianer, aber kein Deutscher beneiden würde.

 

Montag, 2. April 2012

Neuanfang

 
 

Das Wochenende war kurz, aber heute macht das Aufstehen Spaß. Es geht ins neue Projekt! Und darauf freue ich mich. Mich holt der Bus ab,der die kleinen Kinder zum Kindergarten fährt, der in die Diana Busara Junior School (meine neue Schule) integriert ist. Und dieser Bus ist so dermaßen rappelvoll (Verkehrsregeln und Sicherheit sind hier Fremdwörter), dass kaum alle reinpassen. Mir schallt das gewohnte, niedliche "Jamboooooooo" vieler kleiner Kinderstimmen entgegen, und wir fahren los, noch mehr Kleinkinder einsammeln. Ein Vater am Straßenrand reicht mir vertrauensvoll einen winzigen Zweieinhalbjährigen durchs geöffnete Fenster des klapprigen Minivans. Der hat dann auf meinem Schoss gesessen die Fahrt über und ist mir den restlichen Tag hinterhergedackelt. Inzwischen weiß ich, dass er Chris heißt, und wir sind gute Freunde geworden, hier ein Bild von uns:
 


Ich gehe heute den halben Tag in den Kindergarten. Zur Zeit ist Prüfungszeit und selbst die Minis haben schon Tests. Man sagt ihnen auf englisch "jump" oder "brush your teeth", und wenn sie die richtige Bewegung machen, kriegen sie einen Punkt. Sie können die Buchstaben a b c und d erkennen und einen Kreis von einem Quadrat unterscheiden und beides benennen, und bis 20 zählen. Das ist ziemlich cool. Und süß sind sie natürlich auch. Allein die Fahrt mit dem Bus am morgen und das lachende Kleinkind Mary, was mir begeistert in den Arm springt, machen den Tag zu einem großen Gewinn. 
 
Kindergarten-Abschlussklausur
 
Frühstückspause: Die Kinder bekommen Porridge - Getreidebrei
Mittagessen gab's auch in der Schule, heute Linsensuppe, und Tee mit Milch (ein hässliches Überbleibsel der britischen Kolonialzeit) und einem gefühlten Zentner Zucker (das eher weniger britisch). Heute Abend nach der Schule gehe ich zu meiner zukünftigen Gastmama und lerne die drei deutschen Mädels kennen, die dort zur Zeit auch unterkommen. Ich helfe kochen und waschen und wir unterhalten uns nett. Die Tochter fragt jeden Tag, wann ich endlich einziehe, aber ich weiß es selber noch nicht. Klar ist inzwischen, dass ich das Zimmer nicht mit den drei Deutschen teile, sondern erstmal mit der Gastmama, und das ist mir auch ganz recht so. Nicht, weil ich die Deutschen nicht mag, sondern weil sie eine Gruppe für sich sind und andere Interessen haben. 
 


Inzwischen habe ich Birgit, die deutsche Hauptsponsorin des Projekts getroffen, die ist nett. Ich denke, wir können gut zusammen arbeiten und das ist wichtig nach den letzten Erfahrungen. Morgen werden wir uns die häusliche Situation mancher Kinder anschauen, und es gibt Sachspenden, die mit Mitteln aus Deutschland vor Ort gekauft wurden. Also verteilen wir quasi ein paar Carepakete :). Außerdem soll die Schule bald neu gestrichen werden, und eine Eröffnungsfeier stattfinden. Alles in allem gibt es also viel zu tun.

Gerade war ich in Ibiza auf dem Markt einkaufen und freue mich gleich noch auf eine Runde Joghurt
mit Maracuja, dann fall ich glaub ich müde um ins Bett. Ibiza, übrigens, ist ein Abschnitt an der Hauptstraße, an der Ukunda weitgehend liegt, und dort ist immer viel los. Es gibt ein Kino (Hütte mit vermutlich illegal gezogenem Film auf kleinem Bildschirm und vor der Tür eine Kiste Popcorn), den Markt, viele Geschäfte-Hütten, Garküchen, Nachtclubs und Drogensüchtige. Ich mag Ibiza, weil es lebt, aber ein gutes Pflaster ist es nicht. Ich habe auch nicht rausbekommen, ob der Name von der spanischen Insel kommt (und wenn ja, warum?), aber da es hier auch ein Colorado gibt, nehme ich an, dass man sich gern ausländischer Namen bedient, die gut klingen.
 
Mangrovenwald bei Gazi
Sonst hatte ich ein schönes, wenn auch kurzes Wochenende. Mit einer Kollegin der alten Schule war ich in einem Mangrovenwald spazieren, in den ein Stück des Ozeans ragt, in dem man schwimmen kann, und es ist ganz ruhig und nicht so voll wie am Strand. In der Kirche war ich auch, weil ich mir das hier unbedingt anschauen musste, wie die Leute dort singen und tanzen, wie man sich das eben vorstellt. Der ganze Spaß hat aber 2,5h gedauert, und das ist mir zu stressig jede Woche :). Der Prediger hat mich gleich nach vorn gerufen, weil ich ein neues Gesicht war, der Chor hat mir ein Willkommenslied gesungen und dann wurde ich so umfassend gesegnet, dass es bestimmt fürs restliche Leben reicht. Und ich wurde genötigt, das Glaubensbekenntnis aufzusagen, obwohl ich das gar nicht wollte. Dafür habe ich dann einen schönen bunten Flyer bekommen, wo drauf steht, was man alles erwarten kann, wenn man in diese Kirche geht. In etwa klingt das wie ein Horoskop - finanzieller Segen, Wunder, die große Liebe und ewige Gesundheit. Afrika müsste ein Traumland sein, wenn alles wahr würde, wofür die Leute hier beten. Aber leider, fürchte ich, trägt der Flyer mit seinen Versprechungen ein wenig dick auf. Mal sehn, ob ich Ostern nochmal hingehe. 

Das ist alles Neue - allmählich hat sich ja eine Routine eingependelt und der gehe ich jetzt eben nach. Ich denke, ab jetzt vergeht die Zeit auch irrsinnig schnell, und ich werde jeden Tag genießen.
 

Ich wünsche euch alles Liebe!
 

 

Freitag, 30. März 2012

Pilau

 
Nachdem ich mich nun entschieden habe, ab Montag in ein neues Projekt zu gehen, ist heute die letzte Chance für das Mittagessensprojekt.
Gestern bereits war ich mit unserem Koch Kassim in Ibiza auf dem Markt, und der Mensch ohne Schulabschluss schafft es, seinen Kostenvoranschlag von 36,40 Euro auf den Cent genau einzuhalten.
Kartoffeln schälen ohne Kartoffelschäler
Heute finden wir uns gemütlich in der Küche zusammen. Während Kassim den Porridge für das Frühstück der Mädels bereitet (ich helfe, das Getreide hineinzurühren), schnippel ich schonmal Kartoffeln, Tomaten und Zwiebeln für das Mittagessen. Später setzt Kassim das Fleisch auf, während ich die unglückliche Aufgabe habe, auch den Rest des Kollegiums von meinen Wechselplänen zu unterrichten, wobei mir glücklicherweise mit viel Verständnis begegnet wird. Ich verspreche, wiederzukommen, um noch das ein oder andere Projekt mit den Mädels zu starten.

Unsere Mädels werden mit Hilfe einer Jahresstiftung für Frühstück und Mittagessen jeden Tag ernährt. Aber nur alle zwei Wochen gibt es für sie einen Fitzel Fleisch, der diese Woche eigentlich wieder dran wäre, aber aus Gründen der aktuellen Marktpreise leider ausbleiben muss. Jetzt, wo die Prüfungsphase in vollem Gang ist, hatte ich ohnehin beschlossen, der Schule ein Mittagessen zu spendieren, und dann machen wir das eben heute. Unsere Sozialarbeiterin, Fidia, darf das Gericht aussuchen und sagt sofort Pilau - das möge hier jeder. Dabei handelt es sich um eine Art Reispfanne mit Tomaten, Knoblauch und allerhand Gewürzen, die sehr orientalisch schmecken, sowie ein paar Stücken Rindfleisch. Rind ist hier eindeutig die günstigste Wahl, wenn es um Fleisch geht. Den Kühen, die man öfter am Rand der Hauptstraße grasen (oder die Mülldeponien frequentieren) sieht, sieht man schon an, dass sie eher kein zartes Filetsteak liefern, sondern eher eine Art zähes, arg durchwachsenes Gulasch, welches wir nun fürs Pilau verwenden. Ich bin nicht überzeugt, aber Fidia leckt sich schon die Lippen, während sie um den Topf schleicht, und ich glaube ihr, dass dieses Essen für die Mädchen und Lehrer ein gutes ist.
 
Teamwork!

Später wird der Reis in der Fleischbrühe gekocht, und ich beteilige mich gern, die zehn Kilo des weißen Getreides hoffentlich fachgerecht mit einem riesigen Holzlöffel vor dem Anbrennen über offenem Feuer zu retten. Meine Augen tränen vom Rauch und den Zwiebeln, aber Spaß macht es trotzdem, und Kassim läuft begeistert um die Kochhütte und fotografiert mich.

Mittags tragen wir den großen Pott dann gemeinsam zur Ausgabestelle, wo die Mädels schon ungeduldig aufgereiht mit ihren Plastiktellern stehen. Für die Lehrer, die sonst nie in der Schule essen, und das Personal wird sogar Porzellan zu Tage gefördert. Kassim, Meister der Kalkulation, teilt die würzige Reispfanne gerecht auf rund 70 Portionen auf, hält genügend zurück für die Mädchen, die die Mittagspause nutzen, um zum Freitagsgebet in die Moschee nebenan zu gehen und freut sich dann selbst über seine Portion. Auch die Lehrer bleiben heute allesamt da und gehen nicht zum Essen in unser "Stammlokal", die Garküche an der Straße.

Ich bin ganz zufrieden mit meinem Werk, und hoffe, dass es nicht allzu arg nach "Abschiedsgeschenk" aussieht.